Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Kriegsbeginn 
Das Echo des Donners der Kanonen, die am 2. Mai 1915 die Russenfront bei 
Gorlice zerschlugen, widerhallte in der ganzen Welt, drang bis in die Staats¬ 
kanzleien der kriegführenden wie auch der neutralen, noch schwankenden Mächte. 
Der gewaltige, von willensstarker Hand geführte stählerne Hammer, der auf die 
galizische Russensront niedersauste, gab den Auftakt zu einem Erfolge von unge¬ 
ahnter Tragweite. In kürzester Zeit war die ganze Russensront in Galizien 
zusammengebrochen, und die Verbündeten hielten bereits am Sanflusie. 
Und gerade im Augenblicke einer historischen Wende im großen Kriegsgeschehen 
hatte das Schicksal einen Staat unter Zwang gestellt, zu den Waffen zu greifen. 
Es war Italien, der einstige „Dritte" im Bunde, für das die Würfel gefallen 
waren. 
In der sicheren Annahme, nach der kräftewürgenden Karpathenschlacht den 
geeigneten Termin zur Erfüllung seiner nationalen Aspirationen gefunden zu haben, 
hatte Italien am 26. April in London seine Unterschrift unter jenen bindenden 
Vertrag mit den Mächten der Entente gesetzt, der ihm die Verpflichtung auferlegte, 
binnen Monatsfrist aktiv am Kriege teilzunehmen. AIs Lohn sollte dem neuen 
Bundesgenossen bei entsprechendem Kriegsverlause Südtirol bis zum Brenner, 
Triest, Görz und Gradifka, Istrien bis zum Quarnero mit Einschluß von Voloska, 
Nord- und Mitteldalmatien samt Trebinje und den bedeutenderen Adriainseln, 
zudem Valona und Saseno und ein gebührender Anteil an einer etwaigen klein¬ 
asiatischen oder nordasrikanischen Kriegsbeute zufallen. 
Der Abfall des ehemaligen Dreibundgenossen war jedoch nur rein äußerlich mit 
dem Stichtage des 26. April 1915 verknüpft. Die innere Abkehr lag weit zurück. 
So konnte das gleich am ersten Tage des beginnenden Machtkampfes durch 
die Neutralitätserklärung vom 2. August 1914 festgelegte Abschwenken des 
apenninifchen Königreiches keine wesentliche Enttäuschung für Österreich-Ungarn 
bringen. 
Frankreich dankte der lateinischen Schwester ihren Entschluß jedenfalls aus 
brennendem Herzen, konnte es doch alsbald in den Nöten des ersten Feldzuges 
seine Alpengrenze ganz entblößen. Deutschland hingegen mußte die ausfallende 
Vogefenarmee auf Kosten seines Ostheeres durch eigene Kraft ersetzen, womit sich 
Italien zugleich auch Anspruch auf den Dank Rußlands erwarb1. 
Für die Monarchie, die zur Führung ihres schweren, noch nicht absehbaren 
Existenzkampfes im Norden ihre Südwestgrenze militärisch völlig entblößen mußte, 
wuchs die Sorge, je mehr Kräfte dieser Kamps verschlang. Zudem zwang Italiens 
höchst unverläßliche Haltung die öst.-ung. Heeresleitung zur Organisierung und 
Aufstellung eines Grenzschutzes, der allerdings nur im allernotdürftigsten Ausmaße 
gehalten fein konnte, der aber um so nötiger war, als der neue Chef des italienischen 
Generalstabes, Generalleutnant Conte Luigi Cadorna, gleich zu Beginn des Welt¬ 
krieges nahe der österreichischen Grenze eine „vorgeschobene Besetzung" (occupazione 
avanzata) einrichtete. Auch begann der italienische Generalstab — entsprechend den 
ersten, den späteren Verbündeten geleisteten Diensten — den Frontwechsel der 
Armee vorzubereiten. Die am 1. September 1914 von Cadorna festgelegten, auf eine 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, II., 285. 
393
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.