Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Die Russen verschieben sich mit starken Kräften in die Bachniederung westlich 
Huczisko mjr., greisen die Höhe 571 an und erzwingen um die Mittagsstunde den 
Rückzug der dortigen Besatzung, einer Kompagnie des IR. 47 und spärlicher Reste 
des IR. 28. 
Um 1.30 Uhr nachmittags begann nach Inbrandstecken aller Unterstände auch 
der Rückzug des rechten 47er-FIügels in die Kampsgräben südlich Esztebnek. Um 
3 Uhr nachmittags hatten sich auch die übrigen Teile des Schwesterregimentes auf 
dem von der bewaldeten Periahöhe 620 gegen die Kapelle von Esztebnek herab¬ 
ziehenden offenen Hange eingerichtet. 
Eine natürliche Folge der unter so betrübenden Begleiterscheinungen vor sich 
gegangenen Kampfereignisse war die Aufgabe der 27er-Talsperre bei Esztebnek, 
deren Besatzungsreserve der gespannten Lage wegen noch in den Vormittags¬ 
stunden durch Zudirigierung der 6. Komp., Hptm. v. Rech, weitere Verstärkung 
erhalten hatte. Rach dem Abzüge der 47er von der Kozinahöhe nehmen auch die 
fünf 27er-Kompagnien Abschied von der ungastlichen Stätte im Talgrunde. Drei 
Kompagnien bezogen die Kampfgräben am linken Flügel der Koldorinaregiments- 
front, während zwei Kompagnien (14. und 15.) vorübergehend aus die Höhe 
Perm kamen. 
Grell beleuchten den Verrat der 28er die interessanten Mitteilungen des 
Oblt. Fritz Kosmath des FKR. 28, der am 3. April als Artilleriebeobachter beim 
III- Baon. des IR. 28 in Gefangenschaft geriet. Einzelne, besonders wissenswerte 
Stellen seien hier niedergelegt 
Oblt. Kosmath hatte knapp nach seiner Gefangennahme eine Unterredung mit einem 
russischen Stabskapitän, dessen Ausgabe darin bestand, mit panslawistischen Regimentern der 
öst.-ung. Armee in Fühlung zu treten, um sie zum Überlaufen zu bewegen. Zu diesem Zwecke 
war ihm eine Kompagnie unterstellt, die aus Slawen, vornehmlich Tschechen, bestand, die 
im Laufe des Krieges zu den Russen übergelaufen waren. Kaum hatte der Stabskapitän in 
Erfahrung gebracht, daß das IR. 28 zur 28. ID. eingeteilt wurde, als er sogleich dem Regi- 
mente in dem neuen Abschnitte gegenübertrat. Seine Patrouillen hatten die gegenwehrlose 
Wafsenstreckung der 28er für den 3. April verabredet. 35 Offiziere und über 1300 Mann 
waren den Russen bei dem Verrat kampflos in die Hände gefallen. Nur die rechts an die 
Kaiserjäger angeschlossenen Kompagnien des I. Baons. feuerten anfangs. Triumphierend sagte 
der Stabskapitän zum Artillerieoffizier: „Und die ganze Artillerie sowie die übrigen Regi¬ 
menter Ihrer Division kommen heute noch dazu." Und lachend meinte er: „Am Abend 
bekommen Sie noch große Gesellschaft." 
Diese prophetischen Worte des russischen Stabskapitäns gingen nicht in Erfül¬ 
lung. Sie zeigen aber die überaus große Gefahr auf, in der sich die ganze Front 
befand. Der Durchbruch der Russen war dank energischer Führung der Generale 
Fernengel und v. Hinke gestoppt, der von den Russen erträumte Vorstoß auf 
Bartfeld war vereitelt. Neuerliches Unheil blieb, nicht zuletzt durch die Stand¬ 
festigkeit der Steirer, abgewendet. 
Schändliches Verrätertum fand schwere, aber gerechte Sühne: das Prager Haus¬ 
regiment wurde Uber Antrag des 3. AK. am 12. April vom AOK. aufgelöst. Der 
Bannstrahl kaiserlicher Ungnade traf ein über 200 Jahre altes Regiment, das bis 
auf weiteres aus den Listen des kaiserlichen Heeres schied, dessen Fahne in einer 
Kammer des Wiener Arsenals als Zeichen der Vergänglichkeit hing. 
1 Geschichte des IR. 47, 239, und Österreichische Wehrzeitung vom Juni 1926. 
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