Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

heiten, im steten Wechsel von Wellenberg und Wellental, war das Erlebnis eine 
Kette schwerer Prüfungen. 
Nüchterne Statistik verzeichnet 1200 km zurückgelegter Wegstrecke ohne Ge- 
sechtsbewegungen. An die 9000 Mann waren über die galizisch-ungarischen Gefilde 
geschritten. Ein Sechstel von ihnen stand noch in der Silvesternacht 1914/1915 an 
der Nordsront. 
Aber was liegt in diesen Ziffern inbegriffen! Welche Unsumme von stillem 
Heldentum, von Aufopferung, von Tod und Krankheit, von Gefahren und Müh¬ 
salen jeglicher Art! Wie oft stiegen die Flammen der Begeisterung, der Hoff¬ 
nungen hoch hinan, wie oft stand das Regiment am Rande des Abgrundes, in 
den alles Hoffen, alles sehrende Wünschen zertrümmert gestürzt! 
Aber trotz allem! Ungebrochen der Wille der Steirersöhne, stark und fest, dem 
Eisen ihrer Bergheimat gleich. Rein und makellos der von den Vätern ererbte 
Schild. Aufrichtendes Gottvertrauen! 
Aus unsichtbaren, den 27er-Stamm durchflutenden Kraftwellen stieg feste, zu¬ 
versichtliche Hoffnung empor auf das an der Schwelle stehende Kriegsjahr 1915. 
Der Karpathenwinter 1915 
Die Kriegslage um die Jahreswende 1914/1915' 
Die Mittelmächte hatten ihren ersten Kriegsplan auf der Idee aufgebaut, sich 
durch einen entscheidenden Schlag im Westen vom würgenden Drucke des Zwei¬ 
frontenkrieges zu befreien. Die Hoffnung, daß dies gelingen werde, war an der 
Marne zusammengebrochen. Die Entente hatte auf die gewaltige Kraft des russischen 
Millionenheeres, auf die „Dampfwalze" des Großfürsten Nikolai Nikolajewitfch 
gebaut; diese war in den Kämpfen von Löbi—Lorotcg und Limanova—Öapanöw 
zum Stehen gekommen. Im Westen war der Krieg nach dem „Wettlauf zum Meere" 
im Schützengrabenkampf erstarrt. Vom Ärmelkanal bis zur Schweizer Grenze bei 
Bafel zog sich alsbald eine doppelte Linie von Stacheldraht und Erdverfchanzungen 
hin. Ein gleiches Antlitz nahm um Weihnachten das Ringen im Osten zwischen der 
unteren Weichsel und dem Karpathenkamme an. 
Der Traum, Weihnachten 1914 in der Heimat verleben zu dürfen, war zerstört. 
Der Mitte November erfolgte Beitritt der Türkei zum Bunde der Zentral¬ 
mächte war für diese politisch und strategisch von hoher Bedeutung. Das Zaren¬ 
reich wurde in der Südflanke bedroht. Allein diesen Vorteilen standen beträcht¬ 
liche Nachteile gegenüber. Schwierige Aufgaben hatte die militärische Führung der 
Mittelmächte zu überwinden. Wohl verfügte die Türkei über ausgezeichnete Sol¬ 
daten, aber über wenig Ausrüstung und Kriegsgerät. Die großen Probleme, die 
1 Franek, „Probleme der Organisation im ersten Kriegsjahre". Österreich-Ungarns Letzter 
Krieg, II., 3 bis 30. 
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