Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

mittags eingetroffenen Befehl zum allgemeinen Rückzüge noch bis 4.15 Uhr nach¬ 
mittags mit Vorbedacht zurück, da die Loslöfung von den Stellungen des Regi¬ 
mentes vom linken Flügel zu beginnen hatte und da jetzt ein vorzeitiges Ver¬ 
lassen der vorderen Krempnastellung den stockenden Artillerie- und Troßabfluß 
auf der verschlammten Straße höchster Gefahr ausgesetzt hätte. Durch dieses stand¬ 
feste Verharren mußte die Besatzung vorwärts der Brücke in schwerste Bedrängnis 
geraten. Unversehrt vermochte die MGA. IV äußerst geschickt und unter großen 
Anstrengungen über die gefährdete Brücke in Sicherheit gebracht zu werden. Der 
Russe ging mittlerweile diesen letzten Abschnitt, aus dem ihm noch Widerstand 
entgegentrotzte, überlegen an. Fm staffelweisen Loslösen suchen die 27er aus der 
teuflischen Falle zu entkommen. Es geht nicht ohne Opfer; ein Teil der Besatzung 
wird abgeschnitten, da die Moskalis bei einbrechender Dämmerung das Südufer 
der Wistoka im rechten Nachbarabschnitte erreicht und die Straßenbrücke von 
rückwärts in die Hand genommen hatten. Starker Feind bricht aus der Orts¬ 
ruine hervor, und auch von der Brücke her kommt er heran. Das Schicksal des 
letzten Restes der Kompagnie Iernej ist besiegelt. Oblt. Fernes, Fch. i. d. R. Singer, 
Kad. i. d. R. Haim und fünfzehn Mann entgehen nicht der unvermeidlichen Ge¬ 
fangennahme. 
Während es Oblt. Iernej gelingt, noch während des Krieges anfangs 1918 
nach abenteuerlicher Flucht aus Turkestan die Heimat zu erreichen, kehrt Fch. i. d. R. 
Singer erst im Jahre 1921 zurück, erleidet als Folge der Kriegsgefangenschaft 
einen völligen Nervenzusammenbruch und setzt mit eigener Hand seinem Leben 
ein Ziel. Kad. i. d. R. Haim» einem aus 80 österreichischen Offizieren bestehenden 
Kriegsgefangenentransporte angehörend, wird aus dem Wege von der russisch¬ 
chinesischen Grenzfeste Gultscha nach Skobelew (Zentralasien) von räuberischen Ein¬ 
geborenen ermordet. 
Auch bei Krempna hatten die 27er, unter dem Eindrucke all der Begleiterschei¬ 
nungen eines Rückzuges stehend, den Wetterunbilden schutzlos preisgegeben, das 
Menschenmöglichste geleistet. 
Nun zog das zur Schlacke ausgebrannte „Regiment" in der Winternacht auf 
den 29. Dezember im Kotbrei der grundlosen Rllckzugsstraße, in deren Gräben 
Pferdekadaver, umgestürzte Trainwagen Zeugenschast eines martervollen Rück¬ 
zuges gaben, müde und schlaftrunken, von Hunger und Durst gequält, über 
OLenna ab. 
Rückzug hinter die Dndava 
Skizze 36 
Das nur drei Brigaden starke III. Korps entbehrte bei seiner übermäßig aus¬ 
gedehnten, kordonartigen Aufstellung der Reserven auf dem wichtigen linken Flügel. 
Aber auch die Lage beim rechts benachbarten VII. Korps hatte sich verdüstert. 
So war der Rückzug unvermeidlich geworden. Die Absicht, in OLenna, Grab zu 
kantonieren, war durch die Bedrohung der linken Flanke hinfällig geworden. 
29.12. Demnach nahm G. d. F. v. Colerus feine Truppen am 29. Dezember noch weiter 
hinter die Ondava zurück und beließ nur Nachhuten auf dem Hauptkamme der 
Karpathen. 
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