Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Weichseluser in geordnete Bahnen, während sich nördlich des Stromes der Rückzug 
der zunächst vom Feinde hart bedrängten k. u. k. 1. Armee schwierig und ver¬ 
lustreich vollzog. Bitter empfand die südliche k. u. k. 2. Armee den Rückzugsbefehl. 
Sie hatte gerade in den letzten Tagen ihr eifriges Mühen durch einige nennens¬ 
werte Erfolge gekrönt gesehen, ohne aber die von der Heeresleitung bis zuletzt 
erhoffte entscheidende Schlachtenwendung herbeigeführt zu haben. Glatt war der 
k. u. k. 3. Armee südlich von Przemysl die Loslösung vom Feinde gelungen. 
Um die Mittagszeit des 4. November kamen den im Kampfraume zerstreuten 4.11. 
Teilen des Regimentes die Weisungen für den Rückzug zu. Der Befehl wirkte 
allseits als Überraschung und löste tiefe Niedergeschlagenheit, ja geradezu Unmut aus. 
Es war ja begreiflich, da dem Frontsoldaten, dessen Erlebnis sich im engen 
Kreise bewegte, der Einblick in die große Lage mangelte, so daß ihm der Zwang 
unabänderlicher Notwendigkeit, das wieder preiszugeben, was mit solch schweren 
Blutopsern erstritten wurde, eine unbekannte Größe bleiben mußte. 
Das neuerliche Zurück, vom unerbittlichen Schicksal gesprochen: was wird es 
bringen? Und man hatte sich doch schon mit dem Gedanken des überwinterns 
vertraut gemacht! In den letzten Tagen, an denen auch Frau Sonne sich zuweilen 
gnädig zeigte, war es doch — alles in allem — besser geworden: der Hände Fleiß 
hatte gute, brauchbare Schlltzendeckungen geschaffen, in denen es auch Stroh gab — 
wenn auch in bescheidenem Maße; Speise und Trank kamen regelmäßig und fast 
reichlich zu; Magen und Darm hatten sich beruhigt, das Choleragespenst zeigte sich 
kaum mehr; der Russe war auffallend faul geworden. So war auch der schwer auf 
allen 27ern lastende Alpdruck gewichen. Zuversichtliche Stimmung war über die 
Hartgeprüsten gekommen. 
Mit einem Schlage war sie erschüttert — aber nicht vernichtet. Diese 27er, hinter 
sich die kräftezerreibenden Ofsensivmärsche an den San, die heißumtobten Oktober¬ 
kampstage, die unauslöschlichen Erinnerungen an die grauenhafte Leidenszeit ihrer 
von der Gottesgeißel heimgesuchten, im Todeskrampfe dahinsiechenden Kameraden: 
diese 27er — an Zahl nur mehr an die 1300 Frontkämpfer — waren steinhart 
geworden an Leib und Seele. Sie ließen sich nicht unterkriegen, nicht zu Boden 
drücken. Mit zusammengebissenen Zähnen ertrugen sie die Schicksalsfügung, 
schlugen sie den neuen Pfad ein. Ihr beinharter Wille war stärker. Komme, was 
da kommen mag, wir halten durch, wir Steirersöhne! 
So lösen sie sich los vom ahnungslosen Russen in der mondhellen Nacht. Weg¬ 
loser Wald nimmt sie aus, tarnt die von bitterem Ingrimm erfüllten, gesenkten 
Hauptes schweigend Abziehenden. 
In Wolcza Dl. schlägt nächtings eine Brandfackel lodernd empor. Verräterhand 
hat das Feuer gelegt. Greller Feuerschein flutet über die Rückzugslinie der Gruppe 
Mjr. Schwarz, aber der Russe bleibt ruhig. 
Bei der südlichen Regimentsgruppe sendet eine eigene Batterie ihre letzten 
Abschiedsgrüße dem Moskowiter hinüber, der gereizt erwidert. Just zur Zeit des 
Beginnes der Rllckzugsbewegung. Doch die Geschoßbahnen gehen hoch über die 
Baumwipfel. Bald erstirbt das letzte Frontfeuer. Hier ziehen die 27er über den 
zwischen den Waldungen eingebetteten freien, von Granaten durchwühlten Gelände¬ 
streifen zur Granatenhöhe, hinter der schon Unterkünfte für Reserven standen, 
vorbei an FML. v. CsanLdy, der „den tapferen 27ern“ durch Zuruf dankt. Weiter 
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