Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

natürliche Stärke einzuschätzen — war sie doch stark versumpft — und setzte dieser 
Naturbarriere noch ein mit sarmatischer Schlauheit verstecktes, seuerspeiendes Nest 
in die Flanke. Aus diesem Neste flogen die Maschinengewehrfeuergarben, die den 
Waldstreifen an der Rachel und diese selbst souverän beherrschten. Dieses teuflische 
Flankenfeuer hatte auch heute starke Lücken gerissen. KadAsp. Perz der 7. Komp, 
fand den Heldentod. 
Daß der Wunsch laut wurde, dieses Nest unschädlich zu machen, mag verständlich 
sein. Daß es allein der Infanterie zukam, das Nest zur nächtlichen Stunde auszu¬ 
heben, konnte damals nach dem Erlebten nicht wundernehmen. 
Höheren Orts ergangenem Befehle gemäß, die Flankierungsanlage wegen des 
morgen weiterzuführenden Angriffes unschädlich zu machen» melden sich Frei¬ 
willige von 27 und 87, deren ungeübten Händen zum ersten Male auftauchende 
Handgranaten primitivster Art anvertraut werden. In stockfinsterer Nacht, in schwer 
gangbarem Walde, in den mit kurzen Pausen tolles, nervöses Feindfeuer klatscht, 
geht es auf die Suche. Umsonst! 
22.10. Am 22. Oktober erstickten vorläufig die Angrisssabsichten. Der Schützengraben¬ 
krieg beginnt auch hier. 
Rückblick 
Die Kämpfe im Raume von BloLew Grn.—Felsztyn standen von allem Anbe¬ 
ginne an unter keinem glückhasten Gestirn. Der Einsatz unverbrauchter Kräfte in 
das schwankende Kampfgewühl einer physisch und moralisch nicht mehr völlig 
intakten Front birgt immer Gefahren in sich. Der erste Stoß wirkt, sofern er 
glückt, befreiend, alarmiert auch die Schwachen, reißt sie mit. Aber das Ineinander¬ 
fließen der in eine Krise verstrickten, hart betroffenen Verbände und der in den 
Kamps geworfenen frischen Kraftzuschüsse löst zwangsläufig Reaktionserscheinungen 
aus, die letzten Endes um so mehr Oberhand gewinnen, wenn hinter den kaleido¬ 
skopartigen Geschehnissen im gemeinsamen Kampfraume neben Hemmungen jeg¬ 
licher Art ein Gespenst erbarmungslos die Peitsche schwingt: die Cholera. 
Mit dem Mute der Verzweiflung kämpfte die tapfere Infanterie, stets nur auf 
ihre eigene Kraft angewiesen. Ihrer harten, in diesen wechselvollen Kämpfen an 
den Tag gelegten Zähigkeit waren einzelne, höchst beachtenswerte Erfolge zu ver¬ 
danken, die aber den Gang der Schlacht nicht wirksam zu beeinflussen vermochten. 
Das Bild der allgemeinen Lage verdüsterte sich vielmehr von Tag zu Tag in 
bedenklicher Weise. Die bewiesene Zähigkeit konnte nicht tagelang andauern. Ihr 
waren Grenzen gesetzt. Die Führung vermeinte sie durch um so intensivere Beharr¬ 
lichkeit anzukurbeln. Doch lenkt dieser Weg nur in seltenen Fällen zum Ziele. 
Im Kampfraume der Belgier führte das Beharrungsvermögen im Angriffe, an 
das immer wieder appelliert wurde, zu einem unverhältnismäßig großen Kraft- 
verbrauche, aber zu keinem Gewinne. 
Es wäre gewiß zu viel gesagt — urteilt das Archivwerk1 —, wenn man behaupten 
wollte, die Truppe habe sich im Oktoberfeldzug 1914 in einem Zustande taktischer 
Wehrlosigkeit befunden. Aber ein erhebliches Maß von Unsicherheit in der Wahl 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, I., 449. 
142
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.