Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

gesunken sein, daß sie zu diesem nicht schmerzlosen Mittel Zuflucht nahmen! Für 
die schwere moralische Belastung, die der Feldzug für die Truppen bedeutete, spricht 
die Tatsache, daß es in keiner Phase des Krieges verhältnismäßig so viele Selbst- 
verstllmmler gab wie in dieser jetzt einsetzenden. Bei manchen Truppenkörpern 
nahm dieses schwächliche Mittel, der Hand des Schicksals zuvorzukommen, so über¬ 
hand, daß mit aller Schärfe dagegen eingeschritten werden mußte. Beim HI. Korps 
wurden derlei Fälle nicht beobachtet. 
Der düstere Spuk zog an den 27ern vorbei, die ihm manch derbes Wort nach¬ 
sandten. 
Bald darauf läßt der Russe, dem der Vormarsch längs des Bahndammes nicht 
verborgen blieb, seine Erdfontänen beiderseits des Dammes ihr Spiel beginnen. 
„Gerade in meine Abteilung", schreibt ein Mitkämpfer, Hptm. Anton Schwarz, „sauste 
so ein schweres Geschenk herab, verschwand im weichen Boden, um eine Sekunde später sich 
als Dreckspringbrunnen in die Luft zu ergießen. Im Augenblicke hatten sich meine biederen 
Steirer in naphthaduftende Äthiopier verwandelt. Als einige in die Luft Geschleuderte unten 
heil ankamen, löste eine Lachsalve den ausgestandenen Schrecken ab. ,Na, was ist denn 
dös?' meint einer, .mir scheint, die Russen füllen ihre Geschosse mit Dreck.' ,Fch riech' 
auch nach Maschinöl', gab ein anderer lachend zur Antwort." 
Knapp vor Nowe Miasto gibt es für das Regiment ein Wiedersehen mit seinem 
unvergeßlichen letzten Friedens- und ersten Kriegsregimentskommandanten, Obst. 
Karl Weber, an dem das Regiment vorüberzieht — zum letztenmal... 
Nowe Miasto wird durchzogen, vorbei geht es an G. d. I. Colerus und bald 
daraus — wenig erfreulich — setzt die Teilung des Regimentes ein: das Vorhut- 
bataillon, das I. unter Mjr. Rudolf Schwarz, und das Tetebataillon der Haupt¬ 
truppe, das IV. unter Hptm. Anton Schwarz, der es nach Erkrankung des bis¬ 
herigen verdienstvollen Kommandanten, Mjr. Sigmundt, seit Ostrüw führt, werden 
als Reserve der 6. ID., FML. Gelb, bestimmt und rücken gegen Wolcza Dl. ab. 
Erst am 6. November sollten die vier Bataillone wieder vereinigt sein. Bis 
dahin nahmen das I. und IV. Baon. an den Kämpfen bei Bloäew Gorni und 
Wolcza Dolna im Verbände der 6. ID. teil, während das II. und III. Baon. mit 
dem Regimentsstabe weiter südlich im Gefechtsraume der 20. HJD. kämpften. 
Die Kämpfe bei BloLew Gorni und Wolcza Dolna 
Skizzen 15, 16. 18. 19 
Der Einsatz des III. Korps zur Stützung des schwer bedrohten TemesvLrer Korps 
wurde vom Armeestihrer herab bis zum letzten Tragtierführer als beklagenswerter 
Eingriff der Schicksalsmächte empfunden. 
Dieses Elitekorps, das feine „eiserne" Kraft bis nun in so hervorragendem 
Maße erwies — schon bereit, als ganzer Kraftsaktor zu einem entscheidenden Stoße 
Verwendung zu finden —, war nun vor die undankbare Ausgabe gestellt, seine zer¬ 
teilten, kampfgestählten Divisionen als „Korsettstangen" dem geschwächten Körper 
des VII. Korps einzufügen. Fürwahr, ein besseres Los hätte ihm mehr zugesagt! 
Aber es sollte nicht zum letzten Male sein, daß das Grazer Korps als Kraft und 
Hilfe spendende Macht aus dem nördlichen Kriegsschauplätze in den Kamps eingriff. 
Doppelt schwer fühlte aber das Regiment den Wandel der Geschehnisse, denn 
es wurde glatt entzweigeschnitten. Die Not des Augenblicks raffte die beiden Tete¬ 
bataillone weg, riß sie aus dem Regimentskörper. Und nicht genug damit: auch 
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