Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Die Fahrküchen waren noch immer nicht eingelangt. Zum Glücke aber kam 
Hilfe vom eingetroffenen Provianttrain. Dieser war von Dynüw aus der PrzemySler 
Straße bis Krzywcza gelangt. Er sollte über Tapin der Truppe folgen. Hptm. Moll, 
der ihn führte, überzeugt sich durch einen Blick auf die Karte, daß diese Marsch- 
linie wenig einladend ist. Erinnerungen an Iawornik Rußkie tauchen auf. Auch 
hört man, daß Artillerie und Gefechtstrains im Waldgebiete steckengeblieben. Nein, 
denkt sich Hptm. Moll, in diesen Morastschlauch marschiere ich nicht. Kurz ent¬ 
schlossen kutschiert der findige Regimentstrainkommandant auf der weniger 
belasteten Straße schnurstracks auf Przemysl los, ertappt im Vorbeifahren an die 
dreißig „Patrioten" beim Durchschneiden der Drahthindernisse der Außenfront der 
Festung, defiliert mit seiner Wagenkolonne beim Festungskommando vorüber, dem 
er seine „Beute" überstellt, und landet ungehindert in Ostrom. So gibt es Fleisch, 
das in den Kochschalen gebraten oder gedünstet wird, und vor allem endlich wieder 
Brot. Spät abends trifft auch der Gefechtstrain ein. 
Am 12. Oktober war auch das linke Sanufer abwärts von Przemysl von den 
letzten russischen Nachhuten gesäubert. Das Korpskommando beglückwünschte die 
Truppen der 28. ID. und 22. LID. „zu ihrer nach schweren Marschleistungen am 
11. und 12. Oktober im Gefechte gezeigten Haltung, die um so anerkennenswerter 
sei, als die Infanterie im Gefechte am 11. größtenteils der Unterstützung der Artil¬ 
lerie entbehren mußte". 
Durch die Säuberung des linken Sanufers war der Entsatz von Przemysl, dessen tapfere 
Besatzung noch kurz vor dem Eintreffen der 3. Armee einen schweren Angriff blutig 
abgeschlagen hatte, vollzogen. Die Festung hatte mehr geleistet, als nach ihrer Stärke zu 
erwarten gewesen war. Sie hatte nach dem Rückzüge des öst.-ung. Heeres vom San drei 
russische Armeen, die 3., 8. und 5., festgehalten und dadurch dem ermüdeten Feldheere die 
so überaus nötige ungestörte Kampfpause am Dunajec und in den Karpathen erwirkt. 
Mit dem Entwischen der Russen westlich von Przemysl war die letzte der Erfolgsmöglich¬ 
keiten, mit denen Conrad in Neusandec gerechnet hatte, geschwunden. Der Feind hatte sich 
der Falle, die ihm die öst.-ung. Heeresleitung zu legen gedachte, durch einen rechtzeitigen Rück¬ 
zug entzogen. Von dem Flankenstoß, den die 2. Armee durchzuführen hatte, war nur die 
Operation gegen Stary Sambor übrig geblieben. Auch die Erwartung, daß Dank! oder 
Hindenburg zum Einschwenken von Norden kommen könnten, hatte sich nicht erfüllt. Dank! 
stand frontal gewaltigen Flußhindernissen gegenüber. Eben im Begriffe, Iwangorod anzu¬ 
greifen, hatte Hindenburg schon am 9. erhebliche Kräfte aus seiner linken Flanke über die 
untere Pilica gegen Warschau ansetzen müssen, um die Gefahr der Überflügelung nach Mög¬ 
lichkeit durch ein Gegenmanöver zu bannen. Diesem Soll stand freilich ein großes Haben 
gegenüber: der allgemeine Rückzug der Russen in Galizien und der Entsatz der Sanfeste K 
Die Schlacht bei Przemyäl und Chyrow 
(16. Oktober bis 5. November 1914) 
Skizzen 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20 
Allgemeine Lage 
Das ungestörte übersetzen des Sanflustes durch die russischen Hauptkräste und 
deren Marsch jenseits des San gegen Norden bestärkten den Führer der k. u. k. 
Streitkräfte in seiner Absicht, den Russen in breiter Front über den San hinüber 
und südlich an der Sanfeste vorbei in der Richtung auf Lemberg zu folgen und 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, I.. 393, 399. 
110
	        
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