Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

muß um 5.30 Uhr nachmittags aufgebrochen werden. Im Nächtigungsorte Iawornik 
Rußkie gedenkt man zu menagieren. 
Iawornik Rußkie! Jedem 27er unvergeßlich! Dieser nächtliche Marsch über eine 
Wegsteile stellte an Mann und Pferd geradezu unvorstellbare Anforderungen. Es 
war ein Martyrium! Dieser Teufelsweg mit seinen aufgerissenen Löchern, die in 
der pechschwarzen Regennacht zu Fallen wurden, mit seiner zäh-klebrigen Kot¬ 
schichte, aus der die Steirersöhne, schweißtriefend, sich losziehen mußten. Und 
zwischen den dahinmühenden Menschen die abgerackerten Pferde, die an den 
Strängen zerren, stürzen. Die Regimentspioniere sind vorne, versuchen die Not 
dieses Kreuzweges einzudämmen. Aber die Holzprügellagen versinken spurlos unter 
den Rädern. Trotz aller unbeschreiblichen, kraftverzehrenden Mühe kann diese 
nächtliche Marschkrise bis zum frühen Morgen des 20. nicht überwunden werden. 20.9. 
Nur dem Regimentsstabe mit dem halben HI. Baon. gelingt es, nach 1 Uhr nachts 
Iawornik Rußkie zu erreichen! Die übrigen Bataillone sinken schmutzstarrend und 
todmüde in benachbarte Ortschaften. Nach kurzem» todesähnlichem Schlafe brechen 
sie auf und treffen um die neunte Morgenstunde in Iawornik ein, auch das 
II. Baon., und gegen Mittag die 2. Komp, mit den Fahrküchen und dem gesamten 
Regimentstrain. Hptm. Moll, der eiserne Regimentstrainkommandant, erscheint, 
eine wandelnde „Dreckkruste". Aber er hat auch dieses Teufelsstück bezwungen, 
mit seinen kreuzbraven Mannschaften die ganze fürchterliche Regennacht bis in 
den Mittag hinein alle fast unüberwindlichen Hemmungen gemeistert. Der ganze 
Train ist zur Stelle. Dieser sonst segenspendende und in den letzten Tagen verfluchte 
Train, der mit bleierner Schwere die Truppe belastet, zu deren unermüdlichem 
Peiniger wird. Aber die dampfenden, endlich wieder warme Speise und Trank 
spendenden, belebenden Fahrküchen lassen alles Ungemach eine Zeitlang vergessen. 
Das Regiment hatte die in den ersten Morgen fallende Abmarschstunde kräftigst 
überschritten. Divisions- und Brigadekommando waren über den Kampf mit allen 
Schrecken dieser scheußlichen Nacht unterrichtet. Schon um 2 Uhr nachmittags des 
20. September setzt sich der Train neuerlich in Bewegung. Er erhält in einem Zuge 
der 12. Komp, unter Lt. v. Schuppanzigh seinen neuen ständigen Begleiter. Der 
Zug Lt. cerne rückt zur 7. Komp. ein. Die 15. Komp, schließt sich dem Train an. 
Auch das II. Baon. kehrt wieder zur Artillerie zurück. 
Das Regiment selbst bricht um 3.30 Uhr nachmittags auf. Es läßt die Wegsteile 
von Iawornik Rußkie als bittere Erinnerung hinter sich: wohl das schlimmste 
Marscherlebnis des Regimentes im ganzen Kriege! 
Hinter der 55. Brigade marschierend, geht es über Netrebka zur Kriegsbrllcke 
über den San bei Wara. Die Landstraße war mit einer bis zu den Knöcheln 
reichenden dünnflüssigen Breischichte überzogen. Nahezu grotesk war es, daß die 
dahintrottende Marschsäule nach dem elenden, zähen Kot von gestern angesichts 
dieser „wässrigen Erleichterung" in eine fast frohgemute Stimmung versetzt wurde. 
Endlich einmal ein „fließender" Marsch, der nach Passierung der San-Kriegsbrllcke 
bei strömendem Regen im enggedrängten Ortschaftslager von Nozdrzec sein 
Ziel fand. 
An den folgenden Tagen ging es bei trübem, zum Teil regnerischem Wetter 
weiter westwärts. Am 23. wurde nordöstlich von Rymanöw der Wistok überschritten, 23.9. 
am folgenden Tage bei Lmigröd die Wisloka erreicht. Anzeichen lockernder Marsch- 24.9. 
disziplin gaben Veranlassung, daß Regimentskommandant und Feldkurat vor dem 
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