Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Fels Bothmer 
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Vergeblich hatte Graf Bothmer die Leitung der 7. Armee beschworen, 
ihren linken Flügel zu stützen und ihm durch harten Befehl neue Kraft ein- 
zuflößen. Pflanzer-Baltins Wille zum Widerstand in den Vreschen war 
gebrochen. Er trug sich schon seit dem 8. Juni mit dem Gedanken, seine beiden 
Flügelkorps auf das rechte Dnjestrufer zurückzunehmen — eine gefährliche 
Schwenkung mit dem Feind auf den Kacken und dem Strom in der rechten 
Flanke —, bat jedoch zugleich Bothmer dringend umKilfe, um sich aus der 
ftirchterlichen Verstrickung zu lösen. Er bat also die Nachbararmee um Bei¬ 
stand, ging aber zugleich mit einem Plane um, der deren Südflanke abdeckte 
und die Rettung der eigenen Armee auf Kosten des Kelfers zu bewerkstelligen 
suchte. Wichen seine beiden Korps über Strypa und Dnjestr aus, so war 
zwar, wenn die Bewegung gelang, die 7. Armee auf engem, ungeteiltem 
Kampffeld vereinigt, aber der Zusammenhang mit der Südarmee zerrissen. 
Dann wurde die Südarmee gezwungen, ungeschlagen den Rückzug anzutreten. 
Der Rückzug Bothmers aber hätte die Stellungen Boehm-Ermollis an 
den Jkwateichen und im Serethgrund unhaltbar gemacht. Ging die öster¬ 
reichische 2.Armee in diesem Falle nicht Kals überKopf aufdieLinie Brody— 
Zborow zurück, so war sie verloren. Pflanzer-Baltins Entschluß barg 
also eine Katastrophe, die die ganze Südsront vom Dnjestr bis zum Styr 
wie eine Reihe Zinnsoldaten über den Kaufen werfen konnte. 
Setzte Pflanzer-Baltin diesen Gedanken in die Tat um, so ging die 
Front der Verbündeten in Galizien dem völligen Zerfall entgegen. Nicht 
so sehr, weil Luzk verloren war und Kaledin Kowel, Sacharow Wladimir- 
Wolynsk bedrohte — dort kämpften seit dem 8. Juni deutsche und österreichische 
Korps, in kleinen Paketen eingesetzt, umZeitgewinn—> sondern weil Pflanzer- 
Baltin nach dem Falle von Okna nichts Besseres, nichts Größeres zu tun 
wußte, als seine Armee vom Feinde loszureißen und ihr Schicksal von dem 
der Südarmee und der im Zentrum der Verbündeten noch feststehenden 
Südarmee zu trennen. 
General Graf Bothmer erkannte die furchtbare Gefahr, die hinter den 
Verzichtplänen Pflanzer-Baltins lauerte, und handelte danach. In seinem 
Kauptquartier war seit dem 4. Juni eine böse Kunde nach der anderen ein- 
gelaufen, aber der Erstürmer des Zwinin war nicht der Mann, Schamade zu 
blasen, weil der Russe inWolhynien und in der Bukowina die Front zweier 
Armeen durchbrochen hatte. Er maß die Lage an dem Widerstand seiner 
eigenen Armee. Diese war nicht stärker, sondern schwächer als die Josef 
Ferdinands und Pflanzer-Baltins, bestand zu Beginn der Offensive Brussi- 
lows nur noch aus 5 Divisionen und hielt mit diesen einen Abschnitt von 
70 Kilometern. Den linken Flügel bildete das österreichische IX. Korps, 
im Zentrum stand die deutsche 48. Reservedivision und auf dem rechten
	        
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