Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

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schwere Opfer gebracht — jetzt stand er, von der Größe des eigenen Erfolges 
überrascht, vor neuen Zielen. 
Der Erfolg war so groß, daß Brussilow die Mittel fehlten, ihn rasch 
und völlig auszubeuten. Der Grundsatz, „cm s’engage partout et puis on 
voit“ verpflichtet eben auch zur Bildung einer Operationsreserve, wie sie 
Napoleon in Gestalt der Garde bereitzuhalten pflegte. Nun sah Brussilow 
wohl, wo die Schwäche des Gegners saß, aber ihm fehlten frische geschloffene 
Truppenmassen, um sofort in die geschlagenen Lücken einzubrechen und die 
feindliche Front aufzurollen. Da die Stellungsschlacht über 350 Kilometer 
klafterte, war es ihm auch nicht möglich, seine Streitkräfte zu verschieben 
und so rasch zur Verfolgung zu ballen, daß er dadurch die fehlende Opera- 
kionsarmee hätte ersetzen können. Brussilow suchte nach Aushilfen. Die zu¬ 
tage getretene Schwäche der Österreicher war so groß, daß er auch ohne den 
Einsatz neuer Kräfte die Verfolgung einleiten konnte. Er stand in Luzk am 
7. Juni schon tief in der Flanke zweier feindlicher Armeen und sah vor sich 
nur Trümmer, die planlos gen Westen flüchteten, und fand im Dnjestrtal 
und am Pruth nur noch ungeordneten Widerstand. 
Pleß und Teschen 
Im österreichisch-ungarischen Lauptquartier zu Teschen schlug die Nach¬ 
richt von der Katastrophe bei Luzk vernichtend ein. Conrad v. Lötzendorf 
war schon seit einigen Tagen durch eine Stockung der südtiroler Offensive 
beunruhigt worden und wurde nun durch die Zertrümmerung der wolhyni- 
schen Front aus allen Limmeln gestürzt. 
Der glänzend vorbereitete, von österreichischen Alpentruppen kraftvoll 
geführte Stoß in Cadornas Flanke war von Cadornas Reserven auf der 
letzten großen Bergschranke, der Lochfläche der Sieben Gemeinden, vor 
dem Becken von Schio zum Stehen gebracht worden. Kam der Angriff 
über Nacht nicht in ftischeren Fluß, so gewannCadornaZeit, eine neue Schlacht¬ 
ordnung zu bilden und den Österreichern den Weg in die Ebene zu verlegen. 
Gerade als Conrad daranging, diese Stockung zu überwinden, brach an der 
russischen Front das Anheil herein und schlug den Österreichern bei Asiago 
das Schwert aus der Land. Es blieb nichts übrig als völliger Verzicht auf 
die Fortführung des Unternehmens und — hier handelte Conrad klug und 
unbekümmert um falschen Schein — Rücknahme der vorgeprallten Armee 
in eine gesicherte Stellung auf die Löhen nördlich von Arsiero—Asiago. 
Dieser Verzicht war ungeheuer schwer. Conrad wehrte sich noch sechs Tage 
gegen die bessere Erkenntnis, daß der Siegeslauf an der Posina abgebrochen 
werden mußte, dann ergab er sich darein. Am 11. Juni erging der Befehl 
nach Bozen, einzelneDivisionen nach Galizien zurückzuschaffen, und wiedennn
	        
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