Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

58 Der Feldzug im Osten vom 14.Nov. 1915 bis 31. Aug. 1916 
und Balujew stützte das XXXVI. und das V. Korps durch das III. sibirische 
und das XXXV. Korps. Linter Pleschkows Infanterie stand das VII. 
Kavalleriekorps zum Nachhauen bereit, bei Sloboda warteten Balujews 
Aralkosaken auf den Befehl zur Verfolgung. 
Der Artilleriekampf vermählte sich in dieser Nacht mit den Infanterie- 
angriffen zur einheitlichen Landlung und wurde von den Russen meister¬ 
lich geführt. Schwere, kurze Feuerschläge wechselten mit stundenlangem 
Strichfeuer, breit ausladende Beschießung der deutschen Grabenstellungen 
mit tieffressendem, flankierend angesetztem Trommelfeuer auf die Einbruchs¬ 
stellen und die dahinter vermuteten Reserven. 
Als die Infanterie in dichten Massen auf den Plan trat und Woge auf 
Woge heranbrauste, erhielt das wilde Ringen für die Deutschen den Cha¬ 
rakter einer Abwehrschlacht im Stellungskrieg. Es war das erstemal, daß 
die deutsche Ostfront sich vor diese entsagungsvolle, kraftfressende Aufgabe 
gestellt sah, und war zugleich ein Zeichen der veränderten strategischen Lage. 
Las die Oberste deutsche Leeresleitung, die damals vor Verdun noch einen 
entscheidenden Erfolg im gewaltsamen Angriff suchte, dieses Zeichen richtig, 
so mußte sie die blutige Schrift als ernste Warnung deuten und daran denken, 
die Schlacht auf den Maashöhen abzubrechen, bevor sie als Zermürbungs- 
schlacht im Trichterfeld erstarrte. 
Das geschah mitnichten. Auch Conrad v. Lötzendorf ließ sich nicht 
warnen, obwohl er bei Trient und Bozen erst im Aufmarsch begriffen war 
und den Strauß ohne die deutsche Lilfe ausfechten mußte, die er vergeblich 
verlangt hatte, um Italien außer Gefecht zu setzen. 
In der Nacht auf den 21. März gipfelte die Schlacht am Naroczsee 
in einer schweren Krisis der Verteidigung. 
Linter einem Vorhang von Rauch- und Gasgranaten, der sich erstickend 
auf die deutschen Stellungen senkte, gingen die Russen auf dem Südflügel 
zum entscheidenden Sturm auf die Lüget westlich von Stachowce vor. Balu¬ 
jew war entschlossen, die 75. Reservedivision zu zerschlagen und zwischen 
Mokrzyce und Blizniki durchzubrechen. Er schob eine Brigade des 
III. sibirischen Korps als Sturmbock vor das V. Korps, warf die Masse in 
endlos flutenden Wellen gegen die vorspringende Stellung der 75. Reserve¬ 
division, umfaßte ihre Flanken und drückte sie ein. Die Reseweregimenter 
250 und 251 wehrten sich, von allen Verbindungen abgeschnitten, bis zur 
Vernichtung. Da keine Meldung, kein Signal mehr durchgedrungen war, 
schwieg in der entscheidenden Stunde das Sperrfeuer der Artillerie. Die 
Maschinengewehre lagen zerschossen, die Gräben zerschlagen, die Länge ab¬ 
gekämmt. Drei Wellen trieben die Verteidiger noch mit Gewehren und 
Landgranaten auseinander, dann ging der Sturm über sie hinweg. Aus 
den Schluchten von Stachowce schwoll der Angriff zu den Gräben der 251er, 
durchbrach sie und hob die 250er am Seeufer aus dem Stand. Die Russen
	        
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