Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Auflösung der österreichisch-ungarischen Front 655 
Galizien zu Polen schlug und Triest eine Stellung als freie Stadt einräumte. 
Darauf wandte Wilson die Schärfe seiner Dialektik auch gegen Österreich 
und eröffnete der k. u. k. Regierung, daß die Völkerschaften der Monarchie, 
von denen einige schon auf seiten der Alliierten föchten, selbst über ihre Zu¬ 
kunft zu entscheiden hätten. Karl fühlte den Boden wanken, trug sich aber 
noch mit der Poffnung, das Äußerste zu vermeiden, und trennte sein Geschick 
offen von dern Kaiser Wilhelms und Deutschlands, indem er seinem Bundes¬ 
genossen am 26. Oktober mitteilte, er habe den unabänderlichen Entschluß 
gefaßt, Friedenzu schließen. Er sandte gleichzeitig eine Note nachWashington, 
in der die Annahme sämtlicher Bedingungen Wilsons ausgesprochen wurde. 
Die Kapitulation war vollständig, aber er konnte dadurch weder die 
Revolution verhüten, noch den letzten Waffengang mit Italien vermeiden. 
General Diaz war schon im September zu größeren Vorstößen am 
Monte Grappa geschritten, ohne den Verteidiger erschüttern zu können. 
Nun sah er Tage und Stunden leichter Erfolge winken. Er eröffnete am 
23. Oftober die Beschießung der Bergftcnt und griff die österreichischen 
Stellungen am 24. Oktober auf der ganzen Linie mit 57 Divisionen an. Es 
war ein allgemeiner Angriff, der in Staffeln in die Erscheinung trat, um sich 
auf der Poch fläche der Sieben Gemeinden, im Monte-Grappa-Gebiet und 
in der Piaveniederung Bahn zu brechen. Die 4. Armee und die 10. Armee 
eröffneten die Schlacht mit einem Doppelangriff im Gebirge und an der 
Montellofront. Die 4. Armee wurde am Monte Grappa in schwere Kämpfe 
verwickelt und sank blutend zurück, die 10. Armee gelangte mit Pilse der 
Alliierten über die Piave und setzte sich bei Papadopoli fest. Das öster¬ 
reichisch-ungarische Peer hieft den Feind noch drei Tage fest, riegelte die 
Einbrüche im Gebirge ab, setzte dem Feind an der Piaveklause und 
im Umkreis des Montello hart zu und war noch nicht geschlagen, als das 
Habsburgische Länderbündel plötzlich wie ein Kartenhaus auseinanderfiel. 
Budapest und Prag sagten sich von Wien los und riefen ihre Truppen 
auf eigene Faust aus der Schlacht ab. Als die Ungarn, dem Befehl der 
ententefteundlichen Regierung Karolyi folgend, am 27. Oftober den Ge¬ 
horsam verweigerten und zum Abzug rüsteten, in Prag am 28. Oftober 
die Republik ausgerufen und zugleich der Krieg gegen die Mittelmächte 
verkündet wurde, war es um die Schlacht und das Peer geschehen. Da 
verlor Grillparzers Zuruf an Radetzky: „In deinem Lager ist Österreich!“ 
Sinn und Kraft. Die Ungarn schulterten das Gewehr, die Tschechen gingen 
zum Feind über. Die Front löste sich auf. 
Um so lebhafter griff der Italiener an. Graziani führte die 12. Armee 
zwischen dem Monte Tomba und dem Montello über die Piave und warf 
sich auf dort fechtende deutsch-österreichische Regimenter, die bei Follina und 
Vittorio heldenhaft standhielten und erst unterlagen, als die daneben stehen¬ 
den Madjaren das Gewehr auf die Schuster nahmen und abzogen. Darauf
	        
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