Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

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Die Feldzüge im Westen und im Orient 
mäßig ausweichen. Es galt nur, die Fassung nicht zu verlieren und die 
Reihen stets aufs neue zu schließen, so oft sie auch dem Ansturm der Über¬ 
macht zu erliegen drohten. Wie das deutsche §>eer damals kämpfte, als 
in der Äeimat schon alles wankte, als die Verfassung des Deutschen Reiches 
durch Übertragung der wichtigsten Kronrechte auf das Volk von Grund aus 
umgestaltet wurde und die Startsgewalt, gleich der Person des obersten 
Kriegsherrn, im Wirbel des Geschehens untertauchte, davon gebe die Ge¬ 
schichte des Infanterieregiments 75 Kunde, das am 8. Oktober in der Cham¬ 
pagne an der Stelle focht, wo Gouraud um jeden Preis durchzubrechen 
suchte. Wie sich die Sommeschlacht im Äeldenkampf der 27.Division um 
Guillaumat spiegelte, so trete hier der Kampf ungezählter deutscher Regi¬ 
menter im Ringen des aus Bremen stammenden Regiments 75 vor das 
Auge des Lesers und zeichne den Charakter der letzten Schlachten. 
Das Regimem Bremen focht im Verband der 17. Division, die zu¬ 
sammen niit der 203. Division der 3. Armee die Stichstraße Somme-Py— 
Atligny verteidigte, an der Gouraud seit dem 26. September Boden zu ge¬ 
winnen trachtete, um die Tiefenlinie der Euippes und der Retourne von 
Osten zu umfassen. Als die Franzosen in der Frühe des 8. Oktober zu schießen 
begannen, stand das Regiment ungefähr 7 Kilometer nördlich von Somme- 
Py in der Linie Orfeuil—St.Etienne hart westlich der großen Straße; links 
von ihm lag das Grenabierregiment 189, rechts das Infanterieregiment 368 
in der Front. Das 1. Bataillon der Fünfundsiebziger lag als Kampftruppe 
am Feiird, das 3. Bataillon in Bereitschaft dahinter, das 2. Bataillon 
bildete die Reserve. Dichtgestaffelt wartete alles auf den Angriff des sieges¬ 
gewissen Feindes. Am 5 Ahr tönte das Geräusch auffahrender Tanks aus 
dem Trichtergelände, um 6 Ahr wuchs die Beschießung zum Trommelfeuer, 
und um 7 Ahr wanderte die Feuerwalze über Wäldchen und Mulden gen 
Rorden, um als Fcuerriegel hinter der Front liegen zu bleiben. Zugleich mit 
dem wandernden Feuer brachen zahlreiche leicl)te Sturmwagen zu beiden 
Seiten der Straße aus den Wäldern und zogen Massen französischer und 
amerikanischer Infanterie hinter sich her. Das Regiment empfing den An¬ 
griff mit sechs gelichteten Kompagnien. Er wurde in der Mitte der Front 
abgeschlagen, überrannte aber die Flügelkompagnien und drang von zwei 
Seiten gegen die Waldstücke hinter der Milte des Abschnitts vor, wo die 
Stäbe bes 1. und des 3.Bataillons in denBüschen lagen. DieFlügelkompag- 
nien wehrten sich, bis sie von der Flut verschlungen wurden. Ihre letzten 
Maschinengewehre hämmerten noch, als der Feiird schon tief in ihren: Rücken 
stand. Das Zentrum, in dem die 3. Kompagnie focht, rollte sich zum Igel 
zusammen und schlug alle Angriffe ab. Ein schwerer Tank wurde in der ersten 
Linie mit Handgranaten außer Gefecht gesetzt, ein zweiter, der aus allen 
Scharten feuernd bis zu den Gefechtsständen der Bataillone durchgebrochen 
war, wurde durch Maschinengewehrfeuer weidwund geschossen und zur Am-
	        
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