Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

602 Die Feldzüge im Westen und im Orient 
keine Zeit, sich in den flüchtig abgesteckten Linien einzurichten. Die Deut¬ 
schen waren des ewigen Schanzens müde, und die Sorge um die Erhal¬ 
tung der Kampffrische war größer als die Sorge um Gräben und Werke. 
Die ungenügende Verpflegung zehrte ohnedies an den Kräften, gelangten 
doch an den ausgesetzten Frontabschnitten kaum noch Brot und Kartoffeln 
zur Verteilung. Am so ausgiebiger wurden die Deutschen mit entmannender 
Propaganda überschüttet, die das feindliche Fliegerheer in Millionen von 
Zetteln auf sie niederschneien ließ, um ihnen die Zerrüttung der deutschen 
Verhältnisse, die Niederlagen an der Piave und an der Marne, den drohenden 
Abfall der Bundesgenossen und ihre Weltverlassenheit in den grellsten Farben 
zu malen. Die Divisionen der 2., 17. und 18. Armee litten darunter am 
meisten, denn sie lagen am äußersten Westsaum des deutschen Angriffsfeldes. 
Sie waren durch die Sommewüste von dem großen Eisenbahnnetz getrennt, das 
die deutsche Front zusammenhielt, sie kämpften im Westen fern, am fernsten 
von der kümmernden Leimat auf zerwühltem feindlichen Boden, vor sich 
den Franzosen, der den Rücken in der Schlacht an den Lausaltar lehnte 
und daraus neue Kräfte schöpfte, vor sich die Angelsachsen, deren glänzende 
Ausrüstung von der unzerstörbaren Beherrschung der Meere zeugte und 
seit der Märzniederlage längst wieder bis auf den letzten Gamaschenknopf 
ergänzt worden war. 
Der Äberfall an der Römerstraße 
Als der 8.August dämmerte, traten die Armeen Rawlinson undDebeney 
unter dem Oberbefehl des Marschalls Laig zum Angriff an. Sie hatten 
sich in den letzten Wochen günstige Ausgangsstellungen geschaffen und standen 
zwischen der Ancre und der Avre in einer Breite von 35 Kilometern auf¬ 
marschiert. In drei Tagen waren Infanterie und Tanks ungesehen, ungehört 
zum Sturm versammelt worden. Die Infanterie stand tief gestaffelt, die Tanks 
standen mit seitlichen Zwischenräumen von 50Metern— nicht mehr, als sie 
zum Drehen und Wenden nötig hatten — in der ersten Linie. Linter der 
Angriffsmasse harrte die Artillerie, die genau auf die deutschen Stellungen 
eingeschossen war, schweigend des Befehls zur Entfesselung des Sturms. 
Nebel, der durch Einzelschüsse englischer Nebelbatterien allmählich in dichten 
klebenden Dunst verwandelt wurde, trübte die Sicht und verwehrte dem 
Verteidiger den Einblick in den feindlichen Aufmarsch. In der Frühe des 
Tages, um 4 Ahr 30 Minuten, brach die Feuerwalze über die deutschen 
Linien zwischen der Ancre und der Luce herein und setzte sich schon nack- 
wenigen Minuten zerrnalmend gegen Oster» in Bewegung. Lunderte von 
Tanks stampften hinter der Walze, im Sprengbereich der Granaten, über 
das Angriffsfeld. Ehe der Deutsche die Lage überblicken konnte, stürmten
	        
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