Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die zweite Schlacht an der Marne 
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zugelangen, scheitern am Widerstand des tiefgestaffelten Feindes, dessen 
Batterien und Bombenstieger die Marnebrücken zerschießen, dessen Zn- 
fanterie, von Sturmwagen geführt, zu Gegenangriffen übergeht und die 
gelichteten, erschöpften, jetzt von ihrer gefährlichen Lage überzeugten Korps 
Contas und Wichuras in schwere Bedrängnis bringen. Das Rad begimu 
sich zu drehen. 
Als die Kunde von der drohenden Krisis nach Avesnes drang, eilte 
Ludendorff mit feinem engsten Stab, den Obersten Bauer, Wetzell und 
Bokelberg, nach Rethel ins Hauptquartier der Leeresgruppe Kronprinz 
und faßte dort nach einer Besprechung mit dem Kronprinzen und den Führern 
der 7., 1. und 3. Annee den entsagungsvollen Entschluß, das Südufer dm 
Marne zu räumen und auf die Fortsetzung der Schlacht zu verzichten. 
Doch ehe der Entschluß sich zum Befehl verdichtete, ehe Böhn daran 
denken konnte, die gefährliche Bewegung auszuführen und mit dem Fein!» 
im Nacken den Fluß rückwärts zu überschreiten, schlug die Stunde der strat¬ 
egischen Amkehr im Rücken der scheinbar immer noch mn den Sieg ringenden 
7. Armee. 
Mangin griff an. 
Er hatte seit dem 11. Juli auf diese Stunde gewartet, hatte zweimal 
Gegenbefehl erhalten, weil Pötain durch die Wucht der deutschen An¬ 
griffe gezwungen worden war, seine Kräfte neu zu ordnen, und war erst am 
17. Juli ermächtigt worden, zwn allgemeinen Sturm anzutteten. Auch 
Dégoutte erhielt den Befehl, sich fertig zu machen. Nur Clemenceau, F och, 
Pétain, Mangin und Dégoutté wußten um Tag und Stunde des Angriffs, 
der die Wende der strategischen Lage einleitete, wenn es den Angreifer« 
gelang, in Böhns Flanke einzubrechen und die Deutschen über die Linie 
Soissons—Château-Thierry zu werfen. Fochs lebhafte, durch Pètains 
klare nüchterne Auffassung in Grenzen gehaltene strategische Einbildungs¬ 
kraft erblickte in diesem Flankenangriff die Gewähr der Vernichtung sämt¬ 
licher zwischen Soissons und Reims im Marnesack eingekeilten deutsche» 
Divisionen. Er hatte guten Grund, solche Loffnungen zu hegen, denn die 
Deutschen waren bereits von drei Seiten umfaßt und die ganze Masse der 
7. Annee war von einer einzigen Bahnlinie abhängig. Die deutsche Leeres- 
leitung hatte südlich der Beste ungeheure Stapel angehäuft, um den An¬ 
griff auf Epernay durchzuführen, die Straßen waren von Kolonnen und 
Verwundetenzügen bedeckt und die Truppen von Kampf, Entbehrungen 
und Grippe geschwächt und von viertägigem konzentrischem Artilleriefeuer 
erschüttert. 
Da General Mangin selbst den Gedanken vertteten hatte, den Deutsche« 
mit allen verfügbaren Kräften und Mitteln in die tiefe Flanke zu fallen, 
hinter der die einzige Eisenbahnverbindung und die Lauptstraßen des Marne- 
bogens verliefen, war die Durchführung des Angriffs bei ihm in guten Länden.
	        
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