Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Kämpfe vom 19. September bis 10. November 1917 485 
englische Marinekorps an und suchte, in der Strombeekmulde und am Liekker- 
booterbeek gegen Westroosebeke Raum zu gewinnen. Zwischen der Straße 
Poelkappelle—Westroosebeke und der Bahnstrecke Langemark—Staden 
schritten englische Landwehrdivisionen zum Sturm. Aber alle Versuche, 
den Rücken von Paschendaele zu überflügeln, erlahmten im versumpften 
Gelände, in dem der Deutsche, bis zur Brust eingesunken, Widerstand leistete 
und die verschlammten Maschinengewehre und die verschmutzten Flinten 
zuletzt gegen Landgranate und Messer tauschte, um den Feind im Nahkampf 
zu bestehen. Da sandte Currie seine Kanadier zu neuem Sturm vor. Es kam 
zu heftigster Verstrickung. Am Abend des 5. November lagen die Gegner 
ineinander verknäult dicht um die Dorfstätte, und in der Frühe des 6. No¬ 
vember drang Currie mit Aufgebot der letzten Kraft in Paschendaele ein 
und behauptete die Trümmer. Als Currie Paschendaele genommen hatte, 
zog Gough seine Divisionen aus den Bachgriinden, häufte sie in tiefer, schmaler 
Staffelung aus der Erdwelle und stieß am 10. November nach Norden gegen 
die Kette der 50-Meter-Lügel vor, die die Zugänge von Westroosebeke und 
das Flachbecken von Roulers beherrschen. 
Es war der letzte große Versuch, den Höhenrücken zu erstreiten, um den 
Sir Douglas Laig rang, nachdem er sein ideales Operationsziel, die Durch, 
brechung der flandrischen Front, die Eroberung Belgisch-Flanderns und die 
Wegnahme der deutschen II-Bootbasis, der Erkenntnis geopfert hatte, daß 
die deutsche Frontvielleicht zermürbt und der Gegner dadurch für den künftigen 
Entscheidungskampf unheilbar geschwächt werden konnte, daß aber an einen 
raumverschlingenden Sieg, wie ihn der Deutsche in diesen Tagen in Venetien 
erfocht, auf den belgischen Gefilden nicht zu denken war. 
Der letzte Versuch stand unter keinem günstigen Stern. Als die Kanadier, 
das Marinekorps und die englischen Landwehrdivisionen am 10. November 
gegenWestroosebeke vorbrachen, wurden sie von schwerem Feuer empfangen. 
Als sie trotzdem ins Vorfeld drangen, die Abwehrzone einstießen und aus 
Sumpf und Sand zu den 50-Meter-Lügeln emporklommen, traten ihnen 
pommersche, westpreußische und brandenburgische Bataillone entgegen und 
rissen ihnen den Erfolg aus den Zähnen. Sie behaupteten nur kargen Raum¬ 
gewinn und gruben sich am Fuß der Hügel ein. Der Tag endete mit einem 
wütenden Artillerieduell, das sich noch lange fortsetzte und schließlich doch 
in Novembertrübe verklang. 
Die Schlachtensolge in Flandern war zu Ende. Der Brite hatte den 
Brückenkopf von Ppern erweitert, aber weder die Lys- noch die Merlinie 
erstritten, der Deutsche hatte in der Abwehr Schlag auf Schlag ausgehalten, 
ohne in die Knie zu brechen, aber unersetzliche Kräfte eingebüßt. Während 
Lloyd George aus die amerikanischen Divisionen zählte, um die Lücken des 
englischen Reichsheeres zu füllen, sah Ludendorff die Bestände schwinden, 
ohne neue Stteitgenoffen zu gewinnen.
	        
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