Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Entlastungsangriffe der Russen 365 
dem begann der militärische Geist zu schwinden. Aber die Entwicklung war 
eine so schleichende, und der gewaltige Leereskörper trotz der ungezählten 
Wunden, die ihm das deutsche Schwert geschlagen, noch so widerstands¬ 
fähig, daß die Zersetzung sich kaum merklich vollzog. Die Ostfront ließ im 
Januar 1917 noch nichts von einem kommenden Zusammenbruch auf russi¬ 
scher Seite erkennen. 
Die Kämpfe bei Riga 
Am 5. Januar, dem Tage, da Vraila fiel, rafften sich die Russen sogar 
zu einem großen Angriff auf. Sie erwiderten die Bedrohung der äußersten 
Südflanke durch einen Überfall auf die deutsche Nordflanke. Der An¬ 
sturm erfolgte mit voller Kraft und brach vor Riga in den linken Flügel 
der 8 Armee ein. Die 8. Armee und die Leeresgruppe Eichhorn gerieten 
in Bewegung, der Oberbefehlshaber des Ostens, Generalfeldmarschall 
Leopold v. Bayern und sein Stabschef Oberst L offmann wurden auf¬ 
geschreckt, bis in das große deutsche Laupt quartier liefen die Wellen. 
Es war Radko Dimitrieffs letzte Schlacht. Der Bulgare führte die 
12. Armee des Zaren zum Angriff auf Mitau. Kuropatkin hatte den Ober¬ 
befehl über die Nordarmeen enttäuscht an Nußki abgegeben, der Dimitrieff 
zu diesem Schlage starke Kräfte überwies. Dimitrieff wußte, daß Eich¬ 
horns Nordflanke zum überraschenden Angriff lockte. Er dachte daran, 
das schwache Korps Pappritz in den Tirulsümpfen über den Laufen zu 
rennen, an der Mitauer Straße durchzubrechen und die kur ländische Front 
aus der Nordflanke zu bedrohen. Der Angriff wurde im Schutz der Tirul- 
forste vorbereitet. Ein mächtiger Feuerschlag zerschmetterte die Sumpf- 
und Dünengräben des Verteidigers, der sich plötzlich von überlegenen Ge¬ 
schützmassen angegriffen sah, dann schritten lettische Freibataillone, sibirische 
Schützen und altrussische Liniendivisionen von der Küste bis Kekkau zum 
Sturm. Sie durchquerten die vereisten Sümpfe, brachen in die Linien der 
Ostpreußen und Pommern des Korps Pappritz und setzten sich bei Mangal 
in eroberten Gräben fest. Neue Massen quollen nach und überschwemmten 
die Front an der Aa. Am 10. Januar setzte sich der Russe in den Aadörfern 
fest und richtete sein Ferngeschütz drohend aus Mitau. Rußki unterstützte 
den Angriff Dimitrieffs, indem er Vorstöße aus den Düna-Brückenköpfen 
zwischen Friedrichstadt und Dünaburg unternahm und den rechten Flügel 
der 8. Armee vor Friedrichstadt und Illuxt fesselte. Vor Mffau drohte 
dem Deutschen ernste Gefahr. Die Gasangriffe der Russen hatten die Wälder 
mit Giften geschwängert, und ihr schweres Geschütz beherrschte weithin die 
Anmarschstraßen. General v. Scholtz, der erst vor wenigen Tagen den 
Oberbefehl über die 8. Armee übernommen hatte, sah seinen rechten Flügel 
unter Schmettow vor Epuku gefesselt, den linken unter Pappritz an der
	        
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