Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

360 Der Kampf um den Frieden im Jahre 1917 
Vergewaltigungen" erstrebe, aber den Kampf fortsetzen werde, wenn die 
Feinde auf dem Vernichtungskrieg beharren sollten. Seine Tage waren ge¬ 
zählt. Zwar lehnte der Kaiser das erste, am 10. Juli ergangene Abschieds¬ 
gesuch des Kanzlers ab, aber als Ludendorff diese Gebärde mit der Einreichung 
seines eigenen Abschiedsgesuches und der des Generalfeldmarschalls v. Linden¬ 
burg beantwortete, war Bethmann Lollwegs Ahr abgelaufen. Er hinter¬ 
ließ seinem Nachfolger die schwerste aller Bürden. Sie wurde von dem 
Reichskommissar für das Ernährungswesen, Dr, Michaelis, aufgehoben, 
doch brach dieser schon nach hundert Tagen unter der Last zusammen, um 
dem bayerischen Ministerpräsidenten Grafen Lertling Platz zu machen. 
Die „Friedensresolution" wurde am 19. Juli von der Mehrheit des 
Reichstages angenommen. Sie wirkte besänftigend auf die Linke, verstimmend 
auf die Rechte, versöhnend auf die klein gewordene neutrale Welt, aber 
festigend auf die alliierten Mächte, die neuen Mut faßten, die im Schoße 
ihrer Völker sich regenden pazifistischen Bestrebungen kraftvoll unterdrückten 
und nun die päpstliche Vermittlung höflich von der Schwelle wiesen, um 
den Krieg bis zur Erreichung ihrer sattsam bekannten Ziele fortzusetzen und 
Deutschland „in Stücke zu zerreißen". 
Doch so weit war es noch nicht. Am Tage, da die Friedensresolution 
aus der Arne gehoben wurde, durchbrach das deutsche Ostheer in mächtigem 
Anlauf Kerenskys Front und stürmte auf neuer Siegesbahn Zborow und 
Tarnopol. Am dieselbe Zeit versuchte der Brite vergebens die deutsche 
Westfront bei Vpern zu zerschlagen und die flandrische D-Bootbasis zu 
zerstören. 
Kurz darauf rief Kaiser Karl, plötzlich an der Widerstandskraft seiner 
von elf Schlachten geschwächten Jsonzoarmeen verzweifelnd, die Deutschen 
um Beistand an. Alle öffentlichen und geheimen Friedensversuche wurden 
von den Schlachten, die von der flandrischen Küste bis zur Adria und von 
der Düna bis zum Sereth widerhallten, hinweggeweht und verschlungen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.