Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

304 Die alíseme ne politische Lage um die Jahreswende 1916 
sichts der allgemeinen strategischen Lage kaum möglich seien, um den Sieg 
zu erringen. So bleibe der I7-Bootkrieg als „letzte Karte". Man stehe 
vor einem bitter ernsten Entschluß. 
Der Kanzler preßte die Lände zusammen, schwieg und blicke Linden¬ 
burg, der unbeweglich saß, und Ludendorff, der dem Redner hart in die 
Augen sah, beschwörend an. Dann atmete er tief, recke die hohe, schmale 
Gestalt höher, versuchte die gefurchten Züge seines weißbärtigen, kantigen 
Gesichtes zu beherrschen und schloß mit den Worten: „Wenn aber die mili¬ 
tärischen Stellen den 17-Bootkrieg für notwendig halten, so bin ich nicht 
in der Lage, zu widersprechen." 
Wenige Stunden später erteilte Kaiser Wilhelm dem Chef des Ad¬ 
miralstabes den Befehl, den uneingeschränkten 17-Bootkrieg am 1. Fe¬ 
bruar zu beginnen. 
Am Tage darauf telegraphierte Graf Bernstorff aus Washington 
an den Staatssekretär Zimmermann, den Nachfolger Jagows, daß jede 
Verschärfung des I7-Bootkrieges — er wußte noch nichts vom entschei- 
denden Entschluß, sondern nur von einer verschärften Aufnahme des Krieges 
gegen bewaffnete Landelsschiffe — Wilsons Friedensbemühungen zum 
Schellern brächte. Die Mahnung kam zu spät. Am 16. Januar wurde 
Bernstorff von Zimmermann unterrichtet, daß Deutschland genötigt wäre, 
sich der in der Note vom 4. Mai 1916 vorbehaltenen Freiheit zu bedienen 
und den unbeschränkten 17-Bootkrieg zu beginnen. Wilson werde, wie 
man bestimmt annehme, amerikanische Schiffe und amerikanische Bürger 
vor dem Einlaufen in das Sperrgebiet warnen und könne durch kräftigen 
Druck auf England in Gestalt eines Ausfuhrverbotes auf Lebensmittel und 
Kriegsgerät zu einer schleunigen Beendigung des Krieges beitragen. Gleich¬ 
zeitig sandte Zimmermann dem deutschen Vertreter in Mexiko ein Tele¬ 
gramm, in dem Mexiko ein Bündnis angetragen wurde, falls die Ver¬ 
einigten Staaten sich gegen Deutschland wenden sollten. Deutschland ver¬ 
sprach Mexiko darin die Territorien Neumexiko, Texas und Arizona. Das 
Dokument wurde von feindlichen Agenten aufgefangen, entziffert und in 
Wilsons Lände geliefert. 
Aber noch hoffte Wilson die kritische Wendung, die von der Entente 
durch ihr kriegerisches Manffest vom 30. Dezember 1916 und von Deutsch¬ 
land durch seine Vorbereitung auf den 17-Bootkrieg heraufbeschworen 
worden war, seiner Friedenspolitik dienstbar machen zu können. Er er¬ 
klärte dem Grafen Bernstorff nach seiner Rede im Senat, daß er die Ant¬ 
wort der Entente auf Deutschlands Angebot als Bluff betrachte und von 
Deutschland nun die Angabe der Friedensziele erwarte, um zu handeln. 
Er bot vertrauliche Vermittlungsvorschläge auf Grund seiner Senats¬ 
botschaft an, verzichtete also auf Einmischung in Gebietsfragen, wünschte 
indes die deutschen Friedensbedingungen zu veröffentlichen, um den Boden
	        
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