Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

282 Die allgemeine politische Lage um die Jahreswende 1916 
und machte sich das griechische Eisenbahnnetz von Korinth bis Larissa dienst, 
bar. Wenige Monate später verließ König Konstantin entgegen dem Willen 
des Volkes auf Weisung der Entente Thron und Land. 
Rußland hatte sich an der Knebelung Griechenlands ungern beteiligt, 
obwohl es einsah, daß dadurch der feste archimedische Punkt gewonnen 
wurde, dessen man im Mittelmeer bedurfte, um den Lebel zur Zerstörung 
der deutsch-bulgarischen Südfront anzusetzen. Erst damals verlor das Anter- 
nehmen von Saloniki den Charakter einer überseeischen Expedition und der 
I7-Bootkrieg im Mittelmeer seine Schrecken. Erst jetzt bildete sich hinter 
der Front Sarrails ein politisches Gegengewicht serbisch-griechischer Ele- 
mente, das gegen Bulgarien in die Wagschale geworfen werden konnte. 
Die Eroberung der Stadt Monastir, in die Oberst Wassic am 19. November 
1916 als Erster eingerückt war, nachdem er sie am 2. Dezember 1914 als 
Letzter verlassen hatte, wurde erst durch die politische Kapitulation Athens 
zu einem strategischen Erfolg der Entente gestaltet. Monastir wurde zur 
Keimzelle des wieder erweckten serbischen Staates, und die Entente hatte die 
Grundlage für eine großeOffensive in der Südflanke Mitteleuropas geschaffen. 
Die russische Staatskunst verschloß sich der Erkenntnis dieser wichtigen 
Amstände um so weniger, da sich ihr zur gleichen Zeit die Aberzeugung auf¬ 
drängte, daß sie den Krieg trotz der Niederwerfung Rumäniens durch deutsche 
Leereskraft und des Verlustes der kaum betretenen Dobrudschabrücke bis zum 
letzten Atemzug durchfechten mußte. Tauchte doch in Griechenland ein 
Nebenbuhler auf, der nicht für sich allein, wohl aber dann zu fürchten war, 
wenn die Westmächte ihn als Erben des alten Byzanz gegen'den kriegs¬ 
müden Zaren ausspielten. Aber Rußland hatte gar nicht nötig, diese Er¬ 
wägung anzustellen. Es war durch andere, unmittelbarer zwingende Gründe 
an die Fortsetzung des Krieges gebunden und verpflichtet, den Waffengang 
trotz der erlittenen Gebietsverluste, trotz riesiger Menschenopfer, trotz 
drohenden Staatsbankrotts, ja sogar trotz der im Dunkel wühlenden Re¬ 
volution an der Seite der Westmächte fortzusetzen. And zwar trug die 
Politik der Mittelmächte selbst dazu bei, den Kampfwillen Rußlands 
zu stärken, der nach dem Verbluten Brussilows und den ersten Nieder¬ 
lagen der Rumänen so im Niedergehen war, daß sich das Volk vom Kriege 
abwandte und man auf den Straßen und in den Salons Petrograds und 
Moskaus Sonderfriedenswünschen Ausdruck gab. 
Die Verkündigung des Königreiches Polen 
Am 5. November 1916 verkündeten die Militärgouverneure Deutsch¬ 
lands und Osterreich-Angarns in Warschau und Lublin ein Manifest, das 
den Polen die Errichtung eines selbständigen Staates mit erblicher Mow
	        
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