Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Woodrow Wilson und der Kampf um den V-Bootkrieg 255 
H-Bootblockade geschaffene Lage nicht anerkannt habe, und daß Deutsch¬ 
land gehalten sei, das Leben von Nichtkämpfern nicht durch die Kaperung 
oder Zerstörung eines unbewaffneten Landelsschiffes in Gefahr zu bringen. 
Er wies am Beispiel nach, daß es praktisch unmöglich sei, die Unterseeboote 
für die Vernichtung des Landels zu verwenden, ohne dabei die Regeln 
der Billigkeit, der Vernunft, der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit zu 
mißachten, führte die Versenkungen, bei denen nicht einmal eine Warnung 
erfolgt sei, auf mißverstandene Befehle der Marinebehörden zurück und 
erklärte, daß die Regierung der Vereinigten Staaten auf die Mißbilligung 
solcher Taten dmch die Reichsregierung vertraue und Anordnungen erwarte, 
die die Wiederholung solcher Vorfälle unmöglich machten. 
Wilson versagte also in dieser Note der deutschen II-Bootblockade 
nochmals seine Anerkennung, indem er die Grundsätzlichkeit seines Ein¬ 
spruches in den Vordergrund stellte, ließ Vethmann jedoch die Möglich¬ 
keit sich aus der Schlinge zu ziehen, indem er ihm nahelegte, das Vorgehen 
der Marine zu mißbilligen. 
Die deutsche Regierung ließ vierzehn Tage verstreichen, bevor sie ant¬ 
wortete, und antwortete dann weniger auf den grundsätzlichen Einspruch 
Wilsons, der den 17-Boothandelskrieg als solchen verwarf, als auf Einzel¬ 
heiten, die der Präsident nicht zur Erörterung gestellt hatte. Bethmann 
ging noch einmal auf untergeordnete Merkmale ein, indem er die Bewaff- 
nung der „Lusitania" und die Verwendung des Schiffes zum Versand von 
Munition hervorhob. Er empfahl diese Punkte der amerikanischen Re¬ 
gierung zur aufmerksamen Prüfung und behielt sich seine endgültige Stellung¬ 
nahme vor, bis Washington hierauf geantwortet habe. Das war ein ver¬ 
schleierter Rückzug. Er führte auf ein Nebengleis und nahm dem Schlu߬ 
satz der Antwort, in welchem Bethmann darauf hinwies, daß die Ver¬ 
mittlungsvorschläge Wilsons zur Herbeiführung eines Lloäus vivendi für 
die Seekriegsführung an der ablehnenden Laltung der britischen Regie¬ 
rung gescheitert seien, Sinn und Kraft. 
Wilson ließ sich nicht auf das Nebengleis locken, sondern erwiderte am 
10. Juni kurz und bündig, daß die Versenkung von Passagierdampsern 
an sich schon Grundsätze der Menschlichkeit berühre, denen gegenüber die 
besondern einzelnen Llmstände in den Lintergrund gedrängt würden. 
Da sich Wilsons grundsätzliche Ablehnung des 17-Boothandels- 
krieges, der den ozeanischen Verkehr aller Seestaaten, also in erster Linie 
die Verbindungen Amerikas mit der Entente, zu lähmen drohte, mit all¬ 
gemeinen menschlichen Grundsätzen deckte, befand sich der Präsident im 
Besitz einer gesicherten Position. Er benützte seine Stärke, um gleichzeitig 
zu erklären, die Regierung der Vereinigten Staaten bemühe sich um etwas 
Größeres als bloße Eigentumsrechte oder Landelsprivilegien, nämlich um 
die erhabenen und heiligen Rechte der Menschlichkeit. Nur tatsächlicher
	        
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