Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

426 Der Balkanfeldzug vom 28. Juli 1914 bis 25. Jan. 1916 
preiszugeben und wiederum hinter die Kolubara zurückzugehen, wo man den 
Feind im Dezember 1914 schon einmal zum Stehen gebracht hatte. Rechnete 
man doch mit rascher und kräftiger Lilfe der Westmächte, die zur Niederlage 
der Bulgaren führen mußte, bevor die Sperrstellung vor den Gebirgstoren der 
Morawalandschaft im Amkreis vonArangjelovac undKragujevac unter einem 
neuen Ansturm der Österreicher — man dachte nicht anDeutsche — zerbrach. 
Das politische Verhältnis Serbiens und Bulgariens wirkte also be¬ 
stimmend auf die strategische Lage und die Führung des Balkanfeldzuges 
der Mittelmächte. 
Die Offensive der Österreicher in Serbien 
Die österreichischen Waffen waren in Serbien zweimal vom Glück 
verraten worden. Der erste grundlegende Fehler fiel dem Grafen Berchtold 
zur Last, der sein diplomatisches Vorgehen im Juli 1914 auf Biegen oder 
Brechen gestellt hatte, ohne die Äeeresleitung völlig ins Vertrauen zu 
ziehen und das Leer als Werkzeug einer auf die Fortsetzung der Politik mit 
gewaltsamen Mitteln eingerichteten Staatskunst schlagbereit zur Land zu 
haben. Hätte Österreich-Angarn nach der Kriegserklärung an Serbien sofort 
zwei Armeen über Save und Donau geführt, Belgrad eingenommen und 
zugleich die Verficherung abgegeben, daß es im Besitze dieses Pfandes zu 
schiedlicher Schlichtung des österreichisch-ungarisch-serbischen Streitfalles be¬ 
reit sei, so wäre die diplomatische wie die militärische Lage des Zweibundes 
bedeutend erleichtert worden. Es ist eine Ironie der Weltgeschichte und 
mutet paradox an, daß Greys letzter Vorschlag, die Verhandlungen zur Er¬ 
haltung des europäischen Friedens nach der Besetzung Belgrads wieder auf¬ 
zunehmen, nicht nur am Kriegswillen der russischen Regierung, sondern 
auch am Anvermögen Österreichs, Belgrad kurzerhand zu besetzen und die 
vorbereitende Tatsache zu schaffen, gescheitert ist. 
Angesichts der unsicher nach taktischen Aushilfen suchenden deutschen 
Diplomatie, die im schlimmsten Falle mit einem Kontinentalkrieg rechnete, 
und der kühlen Zurückhaltung der Franzosen, die ihrer geschichtlichen Auf¬ 
fassung treu blieben nnd in der Deckung auf das Zeichen zur Rückkehr 
an den Rhein warteten, war das von großer militärischer Bedeutung.*) 
Der Kampf um Schabatz und Valjevo 
Als der österreichisch-serbische Streitfall über Nacht zum europäischen 
Krieg ausartete, sah sich Österreich-Angarn vor neue große Entschlüsse gestellt. 
Da man nicht mehr mit Serbien allein zu tun hatte, den Angriff auf 
Belgrad aber nicht aufgeben wollte, griff man in Wien zu einem unglück- 
*) Vgl. Band I, Seite 50, 353 u. 354.
	        
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