Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

Die strategische Lage an der Westfront 
im Sommer 1915 
Feuerwirbel, der in den Septembertagen des Jahres 1915 die neuen 
Durchbruchsversuche der Engländer und Franzosen an der Westfront 
einleitete, sprang nicht aus heiterem Pimmel. Seit Fochs Ansturm auf 
die Steilküste von Vimy im Mai vor Souchez und La Folie gestrandet und 
seine Teilunternehmung im Ancreabschnitt im Juni vor Serre erstorben war, 
wetterleuchtete es die ganze Front entlang. Die Deutschen versuchten die 
Abwehr zu beleben und den Feind über ihre strategische Schwäche zu täuschen, 
indenr sie jeden taktischen Vorteil wahrnahmen und kleine Erfolge an sich 
rafften, die Alliierten vergalten Gleiches mit Gleichem, rüsteten aber unter¬ 
dessen wiederum zu Hauptschlachten, um den Feldzug aus der Erstarrung zu 
erlösen und die deutsche Wehrstellung zu Fall zu bringen. 
Joffres Zurüstungen begannen sich schon im Juni zu bestimmten Vor¬ 
kehrungen zu verdichten. Sein Plan ging diesmal dahin, einen Doppel¬ 
angriff auf Face und Flanke der befestigten deutschen Front zu unternehmen. 
Er stützte sich dabei auf die strategische Erwägung, daß die Verhältnisse 
sich seit der Verstärkung der britischen Armee durch Kitcheners Divisionen 
geändert hatten. Frenchs Armeen bildeten jetzt zusammen mit den Belgiern 
und den französischen Nordarmeen eine überlegene Streitermasse, die nicht 
nur die britische und die französische Operationsbasis deckte, sondern auch 
die belgische Grundstellung der Deutschen unmittelbar bedrohte. Je stärker 
die Alliierten die Linie Nieuport—Ppern—Bethune—Arras—Albert— 
Compiègne besetzten, je eher sie in der Lage waren, in den Versammlungs¬ 
lagern von St. Omer, Amiens und Paris Angriffs- und Erhaltungsmittel 
zu häufen und die Lebenspunkte der von taktischen Zufälligkeiten be¬ 
stimmten deutschen Nordfront anzufallen, desto kräftiger bannten sie den 
Gegner in seinen ausgedehnten Stellungen. Focht der Deutsche in Flandern, 
im Artois und in der Picardie, von ständig wachsender Äbermacht kampf- 
tüchtiger Armeen bedroht, mit der Stirn nach Westen und Südwesten, um 
die siandrische Küste und das Schelde- und Sommebecken zu decken und 
die große Ausfallstellung im Sommebecken aufrechtzuerhalten, so war er 
um so mehr gezwungen, jeden einzelnen Tiefenmeter der Champagneflanke 
und der rechtwinklig abgebogenen Vogesenfront vor feindlichen Angriffen zu 
bewahren. Das war eine Frage auf Leben und Tod, denn er mußte den 
Feind unbedingt von seinen parallel zu den Vogesen und zur Maas-, 
Argonnen- und Chämpagnefront laufenden Verbindungslinien fernhalten. 
Stegemanns Geschichte des Krieges III 26
	        
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