Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

278 Der Feldzug im Osten vom 14. Mai bis 7. Juli 1915 
war. Mit ernstem, sorgenvollem Blick verfolgten sie das schwere Ringen, 
das sich seit dem 2. Mai in frontalen Durchbruchsschlachten über die 
galizische Erde wälzte. Sie konnten nichts tun, als an der Dubissa sichere 
Verhältnisse schaffen und die ihrem Befehl unterstellten Armeen Below, 
Eichhorn, Scholtz, Gallwitz und Leopold zum Angriff bereit halten. Am 
15. Juni waren diese Vorbereitungen schon so gut wie abgeschlossen, die 
Armeen geordnet, die Artillerien vermehrt und die letzten Verstärkungen 
aus dem Weichselbogen im Anmarsch. 
Im Weichselbogen lagen die Gegner vor Warschau still. Die 9. Armee 
war durch den Abzug der 26. Division und des gleich dieser zu Gallwih ab¬ 
rückenden XVII. Korps geschwächt worden und hatte sich seit dem 15. Februar 
auf die Verteidigung beschränkt. Sie stand in den kritischen Junitagen noch 
in ihren alten Kampfstellungen an der Bzura, der Sucha und Rawka und 
war einzig bestrebt, dem Feind das Manöverieren zu erschweren, indem sie 
ihn ständig beunruhigte. Am 11. Juni brach einer dieser Teilangriffe an der 
Rawka nördlich von Bolimow in die russischen. Linien. Der Verteidiger 
suchte den Eindringling vergebens durch heftige Nachtangriffe wieder hinaus¬ 
zuwerfen, hielt aber seine Äauptstellung fest. Auch die Armeeabteilung Köveß, 
die vom 14. bis 18. Mai einige Meilen vorgerückt und von der Pilica bis 
hart an Radom gelangt war, sah sich nicht zum Angriff gerufen. 
Anders Woyrsch, der am 14. Juni in die russischen Stellungen an der 
Opatowka einbrach, um Mackensens Armeen zu entlasten und den Feind 
in Südpolen zu fesseln. Der Angriff gelangte in die russischen Gräben. 
Eiligst führte Everth die Moskauer Grenadiere aus Iwangorod heran 
und brachte den Angreifer zum Stehen. Aber er kämpfte nur noch um 
Verstellung der Ordnung, nicht mehr um die verlorenen Gräben, denn er¬ 
trug sich schon mit dem Gedanken an den Rückzug auf die Weichsellinie. 
Seine Vorbereitungen blieben den Deutschen nicht verborgen. Anter den 
Augen der deutschen Flieger rückten lange Marschkolonnen auf stäubenden 
Straßen gen Iwangorod, und an der Weichsel klangen die Lammerschläge 
der russischen Pioniere, die die Brücken zum Abwerfen fertig machten. 
Trotzdem standen die Russen von der Bzura- bis zur Opatowka- 
mündung noch eine Weile fest, behaupteten die Vorfelder von Warscharr 
und Iwangorod und deckten Iwanows Flanken. 
Doch allmählich neigte sich die Wage überall zu ihren Angunsten. Von 
der Opatowka bis zum Narew und vom Narew bis zur Dubissa in starrem 
Kampfe um die Weichsel-, Narew-, Njemen- und Dubissalinie festgebannt, 
hielten sie die Äauptfront und die Nordflanke des polnischen Festungs¬ 
gebietes nicht mehr zum Angriff, sondern nur noch zur Abwehr besetzt. 
Kowno, Olita, Grodno, Offowiez, Pultusk, Nowogeorgiewsk, Warschau 
und Iwangorod sahen keine Angriffsarmeen mehr aus ihren Toren gen 
Westen und Norden rücken. Sie dienten dem Großfürsten nur noch als
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.