Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

8 Der Seekrieg vom 2. August 1914 bis 24. Februar 1915 
die Gesetze der Menschlichkeit hinweg. Daran war nicht zuletzt das eigen- 
tiiinliche Mißverhältnis, richtiger die Inkongruenz der Verhältnisse, schuld, 
vor die sich Deutschland und England als Feinde gestellt sahen. 
Deutschlands und Englands strategische Lage zur See 
Der Verlaus des Seekriegs ist von vornherein durch das strategische 
Mißverhältnis bestimmt worden, in dem sich Deutschland gegenüber England 
befand, ein Mißverhältnis, das so einseitig bestimmt war, daß der Krieg zu 
Wasser als ein ungleicher Zweikampf Deutschlands und Englands aus- 
getragen wurde und die übrigen Teilhaber der feindlichen Koalitionen nur 
als Lelfer im Streite erschienen. Diese Feststellung erinnert an die Wurzeln 
des Weltkrieges. 
Als England in den Krieg eintrat, war seine vollkommene militärische 
Überlegenheit zur See gegenüber Deutschland so fest gegründet, daß es sich 
die Aufgabe stellen konnte, Deutschland vom Meere abzuschneiden, ohne 
seine eigene Flotte durch eine klassische Blockade der deutschen Küste aufs 
Spiel zu setzen. Die britische Staatskunst hatte sich diese Überlegenheit ge¬ 
sichert, als sie die französische Republik veranlaßte, die Bewachung des 
Mittelmeeres zu übernehmen und die eigene Flotte in den britischen Heimat- 
ge wässern sammelte. Gestützt auf diese ungeheure Macht, verschloß England 
die Nordsee, indem es seine Lauptslotte zwischen der norwegischen Küste 
und den Orkneyinseln aufstellte und den Ärmelkanal durch leichtere Kräfte 
sperrte. Das war ein strategischer Angriff, der sich auf die insulare Grund- 
stellung stützte und aus der Entfernung wirkte, ein Angriff, der seine er- 
drosselnde Offensivwirkung unter der Lülle einer Verteidigungsanstalt verbarg. 
Der Durchführung des großen Planes, Deutschland auf diese Weise 
völlig vom freien Meere abzuschneiden, stellten sich lediglich völkerrechtliche 
Bedenken in den Weg, denn die Nordsee war ein freies Meer und bespülte 
die Küsten neutral gebliebener Staaten, aber militärischen Erwägungen 
gehorchend, schritt England darüber hinweg, wie Deutschland über die Neu¬ 
tralität Belgiens hinweggeschritten war. Die Briten fanden dabei wohl 
Widerspruch, aber niemand, der ihnen in den Weg getreten wäre. Die 
Zeiten des Nordischen Bundes waren vorbei. 
Der englische Operationsplan war meisterhaft ersonnen und wurde mir 
überlegener Ruhe ins Werk gesetzt. Eine Flotte, die 56 Linienschiffe mit 
mehr als einer Million Tonnen Gewicht, 43 Panzerkreuzer, 55 geschützte 
Kreuzer, 260 Zerstörer und 40 Lochseetauchboote ins Feld führte, konnte 
es wohl wagen, die Nordsee zu blockieren und zugleich das Weltmeer itn 
Auge zu behalten, um über der Weltgeltung der britischen Vormacht- 
stellung zu wachen.
	        
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