Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

Die zweite Belagerung von Przemysl 
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Die Schlacht bei Limanowa reifte zu einem österreichischen Sieg, enttäuschte 
aber die Hoffnungen der Belagerten auf Entsatz. Die Armeen des Zaren 
rafften sich trotz der Niederlagen von Lodz und Limanowa auf, hielten an 
den vier Flüssen im Weichselbogen, am Dunajee und auf den Karpathen 
stand und gruben sich so tief ein, daß sie nicht überwältigt werden konnten. 
Dadurch gewann der Russe Zeit, bei Jaroslau neue Brücken und Gleise zu 
bauen und Przemysl als Verbindungssperre auszuschalten. 
Przemysl war ein absterbender Platz, fesselte aber immer noch starke 
russische Kräfte und reckte die Fahnen der Donaumonarchie als Richtungs¬ 
zeichen für die Karpathenarmeen der Verbündeten hoch in den verdüsterten 
Winterhimmel. Im Januar pochte die Not an Przemysis Tore. Die 
Vorräte begannen zu versiegen. Es waren nur noch Pferdefleisch, Laser 
und Futterrüben vorhanden und die Widerstandskraft der Besatzung 
so geschwächt, daß Schuwalow den Fall der Festung binnen wenigen Wochen 
erwartete. Da belebte der Beginn der österreichischen Karpathenoffensive 
Kusmaneks sinkende Zuversicht in den letzten Januarwochen noch einmal. 
Doch als Schneestürme von unerhörter Stärke die Sanlandschaft verschütteten 
und der Angriff Boroevics und Linsingens auf den Pässen ins Stocken 
geriet, schwand abermals die Loffnung auf Entsatz. Schuwalow fühlte sich 
schon wenige Tage darauf in der Lage, einzelne Divisionen nach Turka 
und Skole zu entsenden, um die Front zu verstärken, die durch Szurmays 
und Linsingens rücksichtslose Durchbruchsversuche erschüttert worden war. 
Doch so rasch, wie der Russe glaubte, fiel Przemyfl nicht. Der 
Februar ging ins Land, der März zog ein, und die Festung stand immer noch 
aufrecht. Angeduldig geworden, unternahm Schuwalow in den ersten Tagen 
des März einen gewaltsamen Angriff und drang nach wütenden Kämpfen in 
das vorgeschobene Werk Pod Mazurami ein. Da warfen sich ihm abge¬ 
magerte, fiebernde Männer entgegen und schlugen den Angreifer mit dem 
Aufgebot schwindender Kraft aus der überranntenSchanze. Es war der letzte 
Kampf um die Erhaltung Przemyfls. Kusmanek sandte Botschaft nach 
Teschen, daß die Festung binnen wenigen Tagen dem Lunger erliegen müsse. 
Als die Österreicher daraufhin das Äußerste versuchten und den Angriff 
erneuerten, fachte der Vorstoß der 2., 3. und 4. Armee, der in der zweiten 
Märzwoche erfolgte, die ganze Front von Baligrod bis Konieczna ergriff 
und an der Ondawa gipfelte, die letzten Funken erlöschender Widerstandskraft 
noch einmal zur Flamme; als auch diese Hoffnung trog, beschloß Przemyfl, 
sich wenigstens nicht ohne Kampf zu unterwerfen. Vom 14. März an 
feuerte die Feste aus allen Schlünden. Am 18. März trat die hungernde, 
von Viertelsrationen lebende Besatzung zu verzweifeltem Ausfall an, um 
den Belagerungsring zu durchbrechen. Angarn, Ruthenen, Tiroler, Polen 
und Niederösterreicher standen in den gelichteten Regimentern, die trotz 
ihrer Entkräftung singend aus den Wällen rückten. Lunderte blieben erschöpft
	        
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