Volltext: Alpenkrieg

wieder unausgesetzt Bohrer, Sprengkapseln und Zündschnüre im 
Gestein, um auch dem ärgsten Anstürmen standhalten zu können. 
Was buhlt in solchen kurzen Atempausen wilder Feuerge— 
fechte der welsche Erbfeind um unsere Gunst? Mit ausgesteckten 
Fähnchen und sonderbaren Zurufen sucht er uns örtliche Waff en— 
stillstände und unblutige Stunden abzubetteln. Mit nichten! Wir 
denken unseres —— mit den langsam sich mehrend en 
Kreuzlein und so vieler guter Kameraden, die wir hatten ... 
In Fährlichkeiten und Unbilden geht der Kampf weiter. 
Täglich sinkt die weiße Schneedecke, die uns noch überbreitet. 
Schwarz ragen aus ihr vereinzelte Bäume, zerschossen und zer— 
splittert. Mit abgeschlagenem Astwerk stehen sie da wie Krieg s— 
krüppel ohne Prothesen. Die Bäume leiden und sterben mit uns. 
Und keinen Frühling gibt es hier. Nur daß an einem Maien⸗ 
tage ein Schmetterling — kein heller, leichter, sondern ein müder 
Trauerfalter — über den Schnee hinstreicht und ersterbend von 
eisigem Wasser hinweggespült wird, und baß aus dem lawinen— 
durchrissenen Baumstreifen eines gewaltigen Gebirgsrumpfes ein— 
mal verhallender Kuckucksruf auf unseren Berg der Scherben 
herüberklingt. I 
Sind dann endlich Schnee und Eis von unseren rauhen 
Höhen geschwunden, dörrt uns die heiße Sommersonne. 
Aber es sind die Berge der Heimat, die wir verteidigen! 
Dieser Gedanke hält den letzten Mann aufrecht. Nach blutigen 
Scharmützeln stellen sich die Leute im Graben zusammen, ver— 
sonnen und heimwehkrank proben sie das gefühlvolle Lied vom 
„Alpensohn“: 
„Ruft ihn die Schlacht im Morgenrot, 
Eilt mutig er deni Feind entgegen, 
Harrt aus im dichten Kugelregen 
Und fürchtet nicht den sichern Tod, 
Den Stutzen fest in seiner Hand, 
Spricht sinkend er zur Erde nieder: 
Kehr' ich zur Heimat nimmer wieder, 
Mein Herz gehört dem Alpenland.“ 
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