Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Zweiter Band. (2, 1917)

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Der allgemeine Gegenangriff der Russen 
Der Großfürst stand wieder fest auf den Füßen. Er hatte seine Flanken 
vor Lodz und Krakau geschirmt, schöpfte Atem und ging nun aus eigenem 
Antrieb zum Angriff über. 
Auf dem rechten Flügel führte er am 26.November vier Korps nördlich 
und südlich von Lowicz vor, bei Lodz fiel er gegen Zgierz und Lutomiersk aus, 
bei Piotrkow sammelte er Kräfte, um Mackensens rechte Flanke zu bedrohen, 
bei Krakau fuhr er schweres Geschütz auf, um die 1. und 5. Armee der Öster¬ 
reicher in den Festungsgürtel zu werfen, und in Galizien und auf den Kar¬ 
pathen trieb er die 3. und 8. Armee gegen Neu-Sandez, Dukla- und 
Azsoker Paß vor. Noch einmal setzte die russische Leeresleitung zu einem 
Massenangriff an, der trotz der schweren Verluste der 1. und 2. Armee 
mehr Bajonette in Bewegung brachte, als der Großfürst vor einem Monat 
über die Weichsel geführt hatte. 
Der stärkste Druck fiel auf das deutsche Weichselkorps. Das I. Reserve- 
korps focht jetzt als feindwärts gewendete Verteidigungsflanke vor der 
Weichsel und der Bzura in unmittelbarer Verbindung mit der 9. Armee. 
Morgen geriet in Gefahr, erdrückt zu werden. In weitem Llmkreis von 
Lowicz und Osmolin hielt er trotzig stand, bis die ersten Verstärkungen 
eintrafen. Sie langten tropfenweise an, aber diese Tropfen fielen wie Blei in 
die schwankende Schale. Die 1. Division des I. Korps kam von den masuri¬ 
schen Seen her und entlastete Morgens linken Flügel, indem sie die Vertei- 
digung des Abschnittes Gombin übernahm, wo sie vom 27. November an mit 
der alten Standfestigkeit stritt. Fast gleichzeitig erreichten Teile des III. Re¬ 
servekorps, um die noch der Dunst des Brackwassers aus den flandrischen 
Schützengräben witterte, das polnische Schlachtfeld und griffen bei Zychlin 
in den Kampf ein. Je mehr die Russen auf die Verteidigungsflanke hämmerten, 
desto härter wurde der Widerstand, der ihnen westlich von Lowicz entgegen¬ 
gesetzt wurde. Sie konnten nicht durchdringen, aber auch sie standen fest¬ 
gewurzelt und hielten Jlow und Lowicz und die Bzuraübergänge mit starker 
Land. 
Da die Lage zwischen Sanniki und Lowicz in der Schwebe blieb, befahl 
der Großfürst, den allgemeinen Angriff im Zentrum zu verstärken, und ver- 
suchte zugleich die rechte Flanke Mackensens zu umfassen und zwischen der 
9. Armee und Boehm-Ermolli durchzubrechen, wo schon seit dem 25. No¬ 
vember scharf gekämpft wurde. 
Es kam nicht mehr so weit. Ehe die Russen die deutsche Front erschüttern 
konnten, war Lindenburg in der Lage zu handeln. Nachdem er seinen linken 
Flügel und die empfindliche Weichselflanke gesichert hatte, lenkte er die aus 
dem Westen heranrückenden Verstärkungen erster Linie an den rechten Flügel 
der 9. Armee. Er sammelte bei Szadek eine Manövriermasse und setzte 
Stegemanns Geschichte des Krieges. II. 20
	        
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