Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Zweiter Band. (2, 1917)

Lindenburgs strategischer Entschluß vom 8. Oktober 193 
hervorzubrechen suchten und die Lauptkräfte fesselten, war diese Bedrohung 
der linken deutschen Flanke außerordentlich gefährlich. Sie drohte das Korps 
Fromme! von der Armee abzuspalten und die Masse der Armee von links 
aufzurollen. 
In der Tat hatte der Großfürst alles zur Entscheidung an die Weichsel 
herangerufen, was er unter Aufrechterhaltung des Angriffs Rennenkampfs 
auf Ostpreußen und angesichts der österreichisch-ungarischen Offensive in 
Galizien hierzu verwenden konnte. Er ballte erprobte und frische Kräfte, 
die im Anzug auf die Weichsel lawinenartig anschwollen. Ungefähr acht 
Armeekorps wurden zwischen Pilica und San in die Front geschoben, um 
den Stromübergang zu erzwingen. Davon waren fünf schon am 9. Oktober 
im Angriff. Ferner erging der Befehl, eine geschlossene Masse von zehn 
Linrenkorps nebst zahlreichen Reservedivisionen und zwei Kavalleriekorps 
nach Warschau und Nowogeorgiewsk zu leiten, die General Rußki, der 
Sieger von Lemberg, in Lindenburgs linke Flanke führen sollte. Diese 
Übermacht wirkte durch das Gewicht der Masse erdrückend und gelangte 
in den Besitz der strategischen Überlegenheit, sobald sie das Korps Fromme! 
zu umfassen vermochte. Die Armee Lindenburgs stand also am 9. Oktober 
vor Gefahren, die mit Vernichtung drohten. 
Auch die 1. k. u. k. Armee, die General Dank! am rechten Flügel Linden- 
burgs gegenüber Zawichost und bei Rozwadow eingesetzt hatte, um im Mün¬ 
dungswinkel von San und Weichsel überzugehen und wieder auf Janow zu 
marschieren, fühlte sich nicht wohl, obwohl der Feind vor ihrer Front nicht 
mehr zu wachsen schien. Dank! drohte Abdrängung über die Opatowka gegen 
die Weichsel und Verstrickung im Legabschnitt, wenn die deutsche Armee, 
dem Flankendruck nachgebend, nach Süden und Südwesten auswich. 
Die Lage der Verbündeten war also bereits am 9. und 10. Oktober 
zwischen der San- und der Pilicamündung als gespannt zu bezeichnen. Da 
aber die 2., 3. und 4. österreichisch-ungarischen Armeen im fortschreitenden 
Angriff auf den linken Flügel der russischen Leeresmasse waren, die deutsche 
Armee und Dank! sich immer noch stark genug fühlten, die Russen in den 
Brückenköpfen festzuhalten, und der Großfiirst seine Bedrohung der linken 
Flanke Lindenburgs nicht von einem Tag auf den anderen wahrmachen 
konnte, so war die Gesamtlage der verbündeten Armeen zwischen Warschau 
und Turka als in der Schwebe zu betrachten. Diese Schwebelage war elastisch 
genug, die Fortsetzung der großen Schlacht an der Weichsel und am San 
zu gestatten und die Entscheidung im Ringen um die Flanken fortan auf 
dem rechten Flügel zu suchen, während die Mitte und der linke Flügel sich 
dem übermächtigen Gegner gewichtig entgegenstellten. Das hieß zugleich 
das Ziel höher stecken und aus der Schlacht eine Schlachtenfolge machen, in 
der die ungeheure feindliche Älbermacht durch die überlegene Bewegungs¬ 
fähigkeit und die stärkere Kampftraft-der deutschen und der österreichisch- 
Stegemanns Geschichte des Krieges. II. 13
	        
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