Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Zweiter Band. (2, 1917)

Die strategische Lage am 8. und 9. Oktober 191 
und die Stromschleife von Lenka, aus der sie vergeblich auszubrechen suchten. 
An der Straße, die von Gniewoszow über Slowiki, Psary nach Koziniec 
führt und den Abschnitt Jwangorod—Pawlowice beherrscht, zog das 
XI. Korps die Stromschranke und sperrte die Übergänge bei Piotrkowice. 
Das XX. Korps rückte links anschließend auf Koziniec—Warka vor und 
legte seine 41. Division vor die Übergänge von Ryczywol und Magnuszew. 
Am die linke Flanke der Angriffsarmee zu sichern, entsandte Lindenburg 
eine starke Kolonne stromabwärts und warf am 9. Oktober russische Kräfte, 
die sich in der Linie Mszconow—Grojez verschanzt hatten, auf Warschau 
zurück und zog das als Flankenschutz bei Domaniewice und Nowe Miasto 
rückwärts gestaffelte Korps Frommel nach vorn. 
Die starken Regengüsse, die seit Wochen niedergegangen waren, hatten, 
den Wasserstand der Weichsel erhöht, die Auen überschwemmt und den 
Strom weit über die Äser in die Odländereien getrieben. Die polnische 
Niederung drohte sich in den Arbrei der Schöpfung aufzulösen. Die Russen 
wurden dadurch wenig gehindert, da sie feste Stützpunkte und wohleingerichtete 
rückwärtige Verbindungen besaßen und in den erhöhten Verteidigungs¬ 
werken der Brückenköpfe von Nowo-Alexandrija und Jwangorod wie auf 
den Flutdämmen des Stromes festen Fuß fassen konnten. Die Deutschen 
lagen in den versumpften Odländereien, in Brüchen, Schilf und Weidicht 
aller Anbill preisgegeben. Sie waren auf den Nachschub sämtlichen Mund- 
und Kriegsbedarfs angewiesen, der sich mühsam durch die wegarme polnische 
Niederung zweihundert Kilometer weit heranquälte und Tausenden von 
Zug- und Tragtieren das Leben kostete. In zerschossenen, niedergebrannten 
Dörfern, von denen nur noch die Lehmklötze der Kamine standen, in ver¬ 
sumpften Wiesen und grundlosen Schwemmwäldern kämpften die Truppen 
Lindenburgs mit unüberwindlichem Mut und von einem Vertrauen in den 
Stern ihres Feldherrn beseelt, das sie zu keiner Stunde und in keiner Lage 
verließ. 
Immer wieder machten die Deutschen in diesem riesenhaften Kriege 
die Erfahrung, daß sie ihre Kräfte besser zusammenhalten und einheitlicher 
zur Wirkung zu bringen vermochten als die außenstehenden, an Zahl weit 
überlegenen Gegner, weil sie auf den inneren Linien standen, daß sie aber 
auch auf rasch wachsende Schwierigkeiten stießen, wenn sie in glücklichen 
Kämpfen ihre Fahnen vorwärtstrugen und größere Entfernungen zwischen 
ihre Kampffront und die zentrale Grundstellung legten. Das ergab sich 
aus den Verhältnissen, denn sie trieben die geschlagenen Armeen der exzen¬ 
trisch fechtenden Gegner auf ihre Kraftquellen zurück, sofern es nicht gelang, 
die doppelseitige Amfassung durchzuführen und die feindlichen Armeen auf 
dem Schlachtfeld zu vernichten. 
Doch militärische und staatliche Zucht und die Fähigkeit, sowohl den 
Einzelnen als auch das Ganze auf den Krieg und den Kriegszweck zu organi¬
	        
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