Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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wie anderswo, um seinen Schlägen zu entrinnen, denn der flandrische 
Tod war ein eigener Tod. Er beantwortete jeden Spatenstich höhnisch 
mit einem Wasserquell und machte jeden Granattrichter zu einem kleinen, 
grauen See, um dessen Ränder er schlüpfrige Laufpfade anlegte. Er 
war seines Handwerks so sicher, daß er des Morgens zwischen neun 
und zehn den Verwundeten gestattete, ungehindert das Schlammfeld 
zu verlassen, soweit sie noch Beine hatten zum Gehen. Freilich kümmerte 
er sich nicht im geringsten um diejenigen, die hilflos in den Trichtern 
lagen, und denen das Grundwasser langsam bis zum Munde stieg. 
Jeder Grashalm war ihm ein Greuel, jeder grüne Zweig ein 
Ärgernis, und wo noch zwei Steine übereinanderlagen, von Menschen- 
Hand zusammengefügt, rauschte er durch die Luft heran und zerschlug in 
lärmender Raserei die letzten Spuren menschlicher Arbeit. 
Streng war er und grausam und unermüdlich und so bar jeglichen 
Gefühls in seiner eiskalten Brust, daß er nicht einmal Halt machte vor 
den Gräbern derer, die er vor drei Jahren niedergestreckt, als sie nach 
Bpern hineinwollten. Die von Langemark, Bikschoote und Diksmuide 
wurden von ihm ihrer Birkenkreuze beraubt und aus der Erde hervor- 
gezerrt, um ihre Gebeine mit denen zu vermischen, die er nun traf. 
Bisweilen geschah es dann, daß Freund neben Freund zu liegen kam 
in einem ruhelosen Begräbnis, der eine von damals, der andere von 
heute, bald aber gemeinsam unter die Erde gewühlt von der Pflugschar 
des Artilleriefeuers. 
* 
Zehn Kilometer südwestlich von Zpern erhebt sich der Kemmel als 
äußerster und höchster Vorsprung eines Höhenzuges, der über Wijtschate 
und Meesen, in nordöstlicher Richtung sich langsam verflachend, 
auf Hollebeke, Zandvoorde, Geluveld und Passchendale zu wandert 
und sich hinter Westroosebeke in die flandrische Ebene verliert. 
Südöstlich dieses Höhenzuges, der durchschnittlich nicht mehr als sechzig 
Meter Höhe erreicht, nimmt die Lys (Leie) zwischen Warneton 
(Waasten) und Meenen alle Wasserläufe auf. Nordwestlich von Zonne- 
beke sammelt der Steenbeek die kleineren Brüder. Sie pilgern gemein- 
sam an Langemark vorüber, nehmen weitere Gewässer auf, grüßen nach 
dem mächtigen Houthulster Forst hin, vereinigen sich im Martjevaert, 
der bei Drie Grachten weit nördlich von Boesingen in dem Bserkanal 
endet. 
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