Volltext: Flandern 1917 [27] (Band 27/1928)

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Der Bahnhof liegt tot und verlassen. Die Lokomotiven stehen gleich 
schwarzen, trägen Untieren umher. Auf dem Platz vor dem Bahnhof 
hockt auf hölzernem Sockel ein zerschossener Tank wie eine schlummernde 
Kröte. Zehn Schritt von ihm entfernt richtet ein alter Einundzwanzig- 
Zentimeter-Mörser sein Rohr schläfrig gegen den Mond über dem 
Kemmel. 
Diese beiden sind ungefährlich und tot, und bei Tage spielen die 
Kinder darin Verstecken. Sie stehen da inmitten 'einer neu erstandenen 
Stadt und ärgern sich vor Langeweile. Es ist, als ob sie nicht einzusehen 
vermöchten, warum man sie nicht verschrottet wie ihre Kameraden, und 
warum sie hier kauern müssen, den Kindern ein Spielzeug, den Fremden 
ein Betrachtungsobjekt, sagenhafte Überbleibsel einer wilden Zeit. 
Nachts aber, bei Mondschein, wenn rings in den Feldern, am Kanal, 
an der Majorgraacht und am Bahndamm ein gespenstisches Leben er- 
wacht. . . wenn alle diese neuerbauten Häuser, dieser Bahnhof, diese 
glitzernden Eisenschienen, diese Laternen und Schuppen, wenn alles dies 
von unsichtbarer Hand fortgeweht wird und an seine Stelle dieser 
dunkelbraune zerwühlte Erdboden tritt, von zahllosen Wasserlachen über- 
säät . . . nachts aber, bei Mondschein, geht ein Räkeln durch die beiden 
Schlummernden. Ein Stöhnen, Knarren und Ächzen beginnt, das 
schaurig über den Platz dringt. 
Flandern 1917. 
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