Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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Damaskus erheblich weiter von Rajak entfernt und zwischen beiden 
Punkten der Antilibanon zu überwinden war. 
Auf der Rückfahrt von Zahle nach Rajak sollte ich übrigens er- 
fahren, daß in diesem sonst paradiesisch gelegenen, von Milch und 
Honig fließenden Stückchen Erde die persönliche Sicherheit noch recht 
fraglich war. Hart am Wege lag ein eben von Räubern erschlagener 
Mann, und man war dabei, ohne viel Aufhebens ihn einzugraben. Es 
handelte sich eben um ein alltägliches Vorkommnis. Wenige Kilometer 
weiter stattete ich einem deutschen Fliegeroffizier, Führer der dicht bei 
Rajak liegenden Kampfstaffel, einen Krankenbesuch in seinem Zelte ab. 
Er war so leichtsinnig gewesen, allein und nicht genügend bewaffnet 
in die nahen Berge zu gehen. Hauptmann W. sah sich plötzlich zwei 
Räubern gegenüber, die ihn schwer mißhandelten, bis auf das Hemd 
beraubten und ihn hilflos, gebunden in der Schlucht liegen ließen. Nur 
einem Zufall verdankte er fein Leben. In diesem Falle allerdings ge- 
lang es schnell, der Banditen habhaft zu werden: bereits nach wenigen 
Tagen wurden sie in Damaskus gehängt. 
Der Morgen des 23. Oktober fand mich bereits im Antilibanon 
auf der Weiterfahrt nach Damaskus, nachdem die Abfahrt von Rajak 
eine unliebsame Verzögerung infolge Ablösung meines Wagenführers 
erfahren hatte. Da dieser unzuverlässige Mann auf der Libanonfahrt 
durch unverantwortlich leichtsinniges Steuern auf schwierigster Strecke 
mich wiederholt dem Abstürzen nahegebracht hatte, ließ ich ihn in 
Rajak ablösen. Die Antwort war heimliche schwere Sabotage des 
Wagens, die auf offener Strecke im schwierigsten Berggelände zu einer 
Panne führte, wider Erwarten aber keinen ernsteren Unfall zur Folge 
hatte. Ich erwähne dieses an und für sich belanglose Ereignis, weil es, 
ein Wetterleuchten des späteren inneren Zusammenbruches, kennzeich- 
nend war für den Geist des sittlichen Zerfalles, der damals bereits, be- 
sonders unter den Kraftfahrtruppen, umging und wie heimliches Gift 
um sich fraß. 
Die Paßstraße durch den Antilibanon, wieder der uralte Ver- 
fehrsweg zwischen der phönizischen Küste und Babylonien—Indien, 
befand sich in leidlichem Zustande und zeigte zur Zeit einen lebhaften 
militärischen Karawanenverkehr. Zahlreiche berittene türkische Pa- 
trouillen ließen erneut erkennen, wie es mit der persönlichen Sicherheit 
bestellt war. Nach überschreiten der Paßhöhe werden die kahlen Felsen 
allmählich grüner. Mehr und mehr vereinigen sich die kleinen Wasser- 
rinnsale zu dem anfangs schmalen Barada-Bach, der aber schnell zur
	        
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