Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

Mit stiller Resignation mußte der Oberbefehlshaber sehr bald ein- 
sehen, daß den Türken für solchen, doch auch ihren eigenen Interessen 
dienenden Plan nicht nur das Verständnis fehlte, sondern auch die ge- 
ringste Spur guten Willens zu nutzbringender Mitarbeit. Gelang es 
doch überhaupt nur mit allergrößter Mühe und zähester Energie, in 
notdürftigster Weise Räume für einige kleine Lazarette den türkischen 
Ortsbehörden abzuringen. Die Verhandlungen wurden durchaus liebens- 
würdig und höflich bei dem unvermeidlichen Kaffee und einer Zigarette 
geführt; selten nur kam es zu einer scharfen Auseinandersetzung. Aber 
der Türke ist ein Meister der Ausflüchte und Intrige, vermeidet peinlichst 
eine präzise Zusicherung, scheut sich durchaus nicht, nachmittags das glatt 
abzuleugnen, was er vormittags versprochen hat, schiebt die Entscheidung 
immer der nächsthöheren Dienststelle zu, um schließlich wie hier in 
Aleppo, wenn er ganz in die Enge getrieben wird, zu erklären: „Das 
kann nur D j e m a l P a s ch a in Damaskus bewilligen!" Und so ist man 
denn nach tage- und wochenlangem Liebeswerben schließlich genau so 
weit wie vorher. Das kostet Nerven, und wer diesen freudlosen Kampf 
einmal durchgekostet hat, vergißt ihn nicht. 
Immer wieder stellten sich der deutschen organisatorischen Arbeit 
neue Hemmnisse entgegen. Die von der Militärmission in Aleppo zur 
Verfügung gestellten Vorräte waren so gering, daß man sehr bald auf 
neuen Nachschub angewiesen war. Geradezu vernichtend wirkte der 
Brand des Bahnhofs Haidar Pascha, durch den auch das Sanitätsdepot 
„Jildirim" mit allen Vorräten an Arzneistoffen, besonders Chinin, 
außerdem acht Sanitätskraftwagen und der gesamte Gummivorrat zer- 
stört worden waren. 
Die Malariafälle häuften sich mit dem Eintreffen der Kraftfahr- 
kolonnen, die auf Landmarsch den Taurus und die Fieberebene von 
Adana passiert hatten. Das Chinin war bis auf einen kleinen Rest aus- 
gegeben. In Verkennung des Wertes fingen Soldaten in einzelnen 
Fällen an, ihr Chinin gegen Rakifchnaps und Zigaretten zu verkaufen! 
Die der Heeresgruppe unterstellten türkischen Divisionen waren fast 
gänzlich von Sanitätsmaterial entblößt, wodurch eine neue schwere 
Sorge für mich, den auch dafür verantwortlichen deutschen Arzt, erwuchs. 
Das für die türkische Armee bestimmte und von Berlin bereits vor 
längerer Zeit abgeschickte Sanitätsmaterial wurde in Konstantinopel fest- 
gehalten, ein Teil verschwand unter den Händen der osmanischen 
Sanitätsverwaltung. Dagegen war nichts zu machen, alle Schritte waren 
vergeblich, und so mußte die Front notleiden.
	        
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