Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

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Mohamed den Zweiten nach Norden ziehen, als es galt, das alte 
Byzanz den verhaßten Lateinern, brutalen Kreuzrittern und Handels- 
gierigen Venetianern zu entreißen. Das war im Jahre 1453. Heute 
ziehen deutsche feldgraue Truppen, mit den Nachkommen jenes M o - 
h a m e d verbündet, — ein lebenskräftiger Organismus, durch hohe 
Politik und die Not der Heimat an ein durch langjährige innere und 
äußere Krisen geschwächtes Volk gefesselt — durch die cilicischen Tore 
nach Süden, bereit, ihr Bestes herzugeben für Deutschlands Heil, für 
den Schutz der fernen Heimat. 
Hadfchkiri, der Standort einer deutschen Eisenbahnkompagnie, ist 
erreicht: von schwindelnder Höhe schweift der Blick hinüber zu dem füd- 
lichen Steilrand des Taurus mit seinem gewaltigen Einschnitt, den die 
Wasser des Taschkyt während Millionen von Jahren aus dem Fels 
herausgenagt haben. 
In Gelebek endet die Feldbahn, in blauem Schimmer gleißt der 
eben verlassene Taurus. Mit Wagenwechsel wird wieder auf die normal- 
spurige Bagdadbahn übergegangen: der heiße Odem der Adana-Ebene 
macht sich bemerkbar. Auf dem Bahnhof Adana findet wiederum ein 
offizieller Empfang statt. Der Wali präsentiert in der hohen gewölbten 
Wartehalle den Tee: die Fülle und der Reichtum der Früchte kündet 
beredt die Nähe des alles befruchtenden Meeres, des subtropischen 
Pflanzenwuchses von Mersina und Tarsus. Ein alter weißbärtiger Hodja 
tritt heran und trägt ein Gedicht vor, das er selbst zum Ruhm und Preis 
des deutschen Oberbefehlshabers verfaßt hat: „Er, der die transfylva- 
nifchsn Alpen überwunden und die Feinde geschlagen, Er wird auch die 
Gluten der Wüste besiegen" usw. Dies in der blumenreichen schwülstigen 
Sprache des Orientalen. — 
Weiter geht die Fahrt in die heiße subtropische Nacht: der Stab isi 
jetzt Gast des Oberkommandos der türkischen 4. Armee; Djemal 
Pascha ist der Gastgeber. In Mamure kurzer Halt: trotz dunkler Nacht 
eine tropische Hitze, kein Windzug bringt Kühlung: das Gebiet, das 
man hier durchfährt, ist der „Friedhof der Kreuzfahrer", eine warnende 
Mahnung schon heute, unser Asienkorps so schnell wie möglich durch diese 
Malariazone hindurchzubringen. 
Die Fahrt geht am 7. September ihrem Ende zu. In Kadma be- 
finden sich Teile der 19. und 2V. türkischen Division, die in Galizien gegen 
den Russen mit Erfolg eingesetzt, jetzt auf dem Marsch zur Palästina- 
Front sind. Es find Kerntruppen, waren es wenigstens dort im Norden 
unter der deutschen Führung: werden sie sich auch im Süden bewähren?
	        
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