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schleuniger Abtransport mittels bereitstehender Kraftwagen in Richtung
Nazareth—Tiberias—Damaskus. Vorbereitende Maßnahmen mußten
also getroffen werden.
Ein Tag voller Mühe und körperlicher Arbeit unter der strahlenden
Sonne des Mittelmeeres lag hinter mir, als ich mich abends im Kreise
deutscher Landsleute unter duftendem Oleander- und Myrtenlaub beim
Glas Wein einfand und wir beim Schein einer altrömischen, mit Olivenöl
gespeisten Tonlampe die Ereignisse des Krieges besprachen, während
draußen ein starkes Gewitter herunterging und der Karmel im Feuer
der Blitze lohte, als fahre der Prophet Elias zum zweiten Male auf
feurigem Wagen gen Himmel. — Dann eine stille Abendstunde wieder
am Strand des Meeres. Neben mir hockt ein Beduine, ein echter Sohn
der Wüste, und hält, das Gewehr im Arm, scharfe Küstenwacht. Ich
wechsele mit ihm einige arabische Worte, wie damals mit meinem Suda-
nesen in dem Steppenlager Afrikas, ich im braunen Khaki, er im weißen
Burnus, das Bronzegesicht umrahmt von malerisch wehender Kephie, über
uns der leuchtende Vollmond, hinter uns die ragende dunkle Mauer des
heiligen Karmelberges. Wer möchte sich dem Eindruck solcher Stunde an
solchem Orte verschließen?
Die tosende Brandung des Meeres weckt mich am anderen Morgen:
wir haben Vollmond, und in weißem Gischt überschüttet die Springflut
mit sich überstürzenden, immer von neuem anstürmenden Wellen-
bergen die Kaisermole. Noch schläft Haifa, da klingen zu mir durch das
Naufchen der See die feierlichen Klänge des alten Chorals „Ein' feste
Burg ist unser Gott". Es ist Sonntag, und vom nahen Turm der kleinen
deutschen Dorfkirche blasen diesen Morgengruß die Brüder der Templer-
gemeinde über die schlafenden Häuser und das nie ruhende Meer. Eben
vergolden die ersten tastenden Strahlen der aufgehenden Sonne die
Kuppel des alten Klosters und den Leuchtturm auf der Klippe des
Karmel, als ob er aufflammte im natürlichen Feuer. Der Kraftwagen
knattert vor der Tür. um mich aufzunehmen zu der Fahrt durch das
Land der Philister, die Berge Samarias und Jubäas hinauf zu der hoch-
gebauten Stadt Davids. Jerusalem.
Kahl und von der Glut des südlichen Sommers verbrannt, liegt
das Philisterland vor mir. In Spalten und Riffe zerborsten, lechzt es
mit jeder Erdkrume nach dem befruchtenden Naß des Himmels. Eine
unsäglich anstrengende Fahrt war es, auf Wegen, die keine Wege waren,
durch Sandwüste, Dünen, Felsschluchten und ausgetrocknete Flußtäler
iWadi). Wie oft der Wagen im Sande steckenblieb, wie oft wir aus dem