Volltext: Jildirim [4] (Ban 4/1925)

rung des schon bestehenden deutschen Lazaretts durch Hergabe einiger 
geeigneter Gebäude zu erreichen. Überhaupt machte sich hier die starke 
Hand Djemal Paschas in wohltuender Weise bemerklich. Sein 
Generalstabschef, Oberst Ali Fuad V ey, sprach ziemlich geläufig 
deutsch und hatte Verständnis auch für Bedürfnisse, die über den eigent- 
lichen türkischen Rahmen hinausgingen. Der Stab des Armee-Ober- 
kommandos war, wenigstens äußerlich, ganz nach deutschem Muster 
organisiert; selbst an einem Armee-Hodja, der die Seelsorge des türki- 
fchen Askar, allerdings wohl nur theoretisch, unter sich hatte, fehlte es 
nicht. Der leitende Sanitätsoffizier und fein Adjutant hatten beide in 
Deutschland einen Teil ihrer militärärztlichen Ausbildung genossen und 
förderten in dankenswerter Weife meine organisatorischen Arbeiten als 
Armeearzt. 
Das deutsche Etappenlazarett unter Leitung seines rührigen Chef- 
arztes, Stabsarzt Keller, machte einen sauberen und hygienisch wohl- 
gepflegten Eindruck: es lag inmitten eines der Damaskus sein üppiges 
Gepräge gebenden Gärten. Er ließ selbst jetzt in der trockenen Zeit 
dank einer reichlichen Berieselung mit seinen im leuchtenden Purpur 
stehenden Oleander- und Granatäpfelsträuchern erkennen, mit welcher 
paradiesischen Pracht die Natur nach der Regenzeit sich hier schmücken 
würde. Die Verpflegung war nach deutscher Art geregelt und reichlich. 
Dankbar gedenke ich eines edlen Weines, der den Namen „der Trost der 
Kreuzfahrer" führte, jetzt aber, wie man mir bedauernd sagte, zum 
„Trost der Kraftfahrer" herabgesunken war. 
Uber die Person Djemal Paschas, ob er in seinem Herzen 
deutschfreundlich gesinnt war oder aber in der deutschen Heeresgruppe 
einen lästigen Eindringling in die eigene syrische Domäne erblickte, 
waren die Ansichten sehr geteilt. Ein sicheres Urteil über solche Frage 
ist bei dem Charakter des Türken, der dem Fremden wohl nie einen 
Einblick in sein wirkliches inneres Denken und Fühlen gestattet, schwerlich 
abzugeben. Sicher war aber, daß Djemal, beseelt von echter Hin- 
gäbe an den großtürkischen Gedanken und getrieben von höchstem per- 
fönlichen Ehrgeiz, alles daran gesetzt hatte, die reichen natürlichen 
Mittel seiner Provinz — mit Recht hieß er der Satrap von Syrien — 
bis zur höchsten Kraftentwicklung zu bringen und ausschließlich für den 
Krieg nutzbar zu machen. Die despotische Veranlagung eines Djemal 
scheute sich allerdings nicht, für richtig und notwendig erkannte Maß- 
nahmen selbst auf Kosten der armseligen und ohnehin unter dem 
Schrecken eines bald zehnjährigen Kriegszustandes leidenden Bevölke»
	        
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