Volltext: Tannenberg [19] (Band 19/1927)

22.8. — 
Auswahl der neuen Führer. 
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nicht böse, daß ich Sie von einem Posten abrufe, auf dem Sie vielleicht 
dicht vor einer entscheidenden Aktion stehen, die, so Gott will, durch- 
schlagend sein wird. Sie müssen auch dies Opfer dem Vaterland« brin- 
gen. Auch der Kaifer sieht mit Vertrauen auf Sie. Sie können natürlich 
nicht für das verantwortlich gemacht werden, was geschehen ist; aber 
Sie können mit Ihrer Energie noch das Schlimmste abwenden. Folgen 
Sie also dem neuen Ruf, der der ehrenvollste für Sie ist, der einem 
Soldaten werden kann. Sie werden das in Sie gesetzte Vertrauen nicht 
zuschanden machen." 
Dieser Brief erreichte den Genm. Ludendorff am 22. Aug. um 9° 
vorm. zugleich mit einem ähnlich anerkennenden Brief des Gen. 
Quartmstr., Glt. v. S t e i n. Eine Viertelstunde später saß der General 
im Kraftwagen auf der Fahrt nach Koblenz. „Ich hatte unter General 
v. M o l t k e" — so schreibt er über seine damalige Stimmung — „viele 
Große Generalstabsreisen mitgemacht und einen tiefen Blick in den 
großen Krieg getan. Meine neue Stellung bot mir Gelegenheit, zu 
zeigen, ob ich die Gedanken des großen Lehrmeisters des Generalstabes, 
des Generals Graf v. Schlieffen, wenn auch nur im engeren 
Rahmen, in die Tat umzusetzen verstände. Mehr konnte einem Soldaten 
im Krieg nicht geboten werden." 
Inzwischen hatte sich die O.H.L. auch mit den zur ostpreußischen 
Armee gehörigen Armeekorps unmittelbar in Verbindung gesetzt. Der 
an der Südgrenze befehligende Gen. v. S ch o l tz, der vom Anrücken der 
russischen Narew-Armee in erster Linie betroffen war, zeigte durchaus 
zuversichtliche Stimmung. Sein Genst.Chef, Obst. Hell, brachte in 
einem Ferngespräch mit Gen.Ob. v. Moltke zum Ausdruck, daß die 
schwierige Lage des XX. AK. in keiner Weise die Entschließungen der 
O.H.L. ungünstig beeinflussen dürfe. Der Anmarsch der Narew-Armee 
gegen die Stellungen des Korps wäre durchaus kein Grund, Ostpreußen 
zu räumen. Das Korps wolle den russischen Ansturm bei Gilgenburg 
abwehren und dabei — wenn möglich — mit seinem rechten Flügel 
selbst offensiv werden. Es werde sich schon allein helfen, zumal da auf 
seinen Antrag hin die 3. Ref.Div. jetzt hinter seinem linken Flügel in 
Allenstein, statt — wie vom Oberkommando bisher beabsichtigt — in 
Deutsch-Eylau ausgeladen werde. So wich die Auffassung des XX. A.K. 
in entscheidender Weise von der des bisherigen A.O.Ks, ab. Vor allem 
aber hatte Obst. Hell, — wie er noch am Abend desselben Tages 
niederschrieb — „kein Hehl daraus gemacht, daß das Vertrauen zu 
unserem Oberkommando immer mehr schwinde". Ein bald folgender 
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