Volltext: Tannenberg [19] (Band 19/1927)

Wille und Kunst der Führung. 
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Aufgabe erfordert, sonst wird er zum „Hasardeur". Der Feldmarschall 
v. Hmdenburg selbst hat den ganzen Ernst der Lage, die Gefahren, die 
sie in sich barg, und den Sieg des Führerwillens über alle aufkommen- 
den Zweifel im Höhepunkt der Schlacht mit den Worten gekennzeichnet: 
„Ist es überraschend, wenn ernste Gedanken manches Herz erfüllen: 
wenn Schwankungen auch da drohen, wo bisher nur festester Wille war; 
wenn Zweifel sich auch da einstellen, wo klare Gedanken bis jetzt alles 
beherrschten? ... Ist es nicht besser, gegen die Narew-Armee die Ver- 
nichtung nicht zu versuchen, um die eigene Vernichtung sicher zu ver- 
meiden? Wir überwinden die Krise in uns, bleiben dem gefaßten Ent- 
schluß treu und suchen weiter die Lösung mit allen Kräften im Angriff"^). 
Nur durch Angriff konnte der „Nebel der Un- 
g e w i ß h «i t" zerriffen, konnte d e r eigene Wille zur 
Geltung gebracht werden. „Je bedrängter die eigene Lage 
ist, um so mehr ist man auf Offensive und Vernichtungskampf ange- 
wiesen. Dies ist das Verfahren des großen Königs während des Sieben- 
jährigen Krieges gegen alle Überlegenheit feiner zahlreichen Feinde" — 
so schrieb einst der Feldmarschall Graf Moltke. Diese Erkenntnis war 
auch der leitende Gedanke für das deutsche Oberkommando bei 
Tannenberg. 
Um zum Angriff stark genug zu sein, galt es den letzten Mann und 
das letzte Geschütz heranzuziehen dahin, wo die Entscheidung gesucht 
werden sollte. „Männerchen zusammenhalten und dann drauf," das 
war das Rezept des Sieges gegen russische Zersplitterung und Lang- 
samkeit. Dabei ist Gen.Ob. v. H i n d e n b u r g bis an die Grenze des 
Möglichen gegangen; Landwehr-, Festungs- und Ersatztruppenteile, die 
zum Kampf im freien Felde weder bestimmt noch ausgerüstet waren, 
mußten helfen, den Sieg zu erringen. Gegen die ganze Armee Rennen- 
kämpf standen an Feldtruppen schließlich nur noch zwei Kavallerie- 
Brigaden. 4 8 5 0 0 0 Gew. und 1620 Gesch. haben dem 
Oberbefehlshaber der r u s f. Nord Westfront an F e l d - 
t r u p p e n gegen Ostpreußen zur Verfügung g e st a n - 
den, dem deutschen Führer nur 173000 Gew. und 
7 8 2 Gesch., also noch nicht die Hälfte. Er hat es trotzdem verstanden, 
gegen die russ. Narew-Armee annähernd gleiche Zahl zu vereinigen, an 
entscheidenden Stellen sogar mit Übermacht aufzutreten. 
*) „Aus meinem Leben".
	        
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