Volltext: Tannenberg [19] (Band 19/1927)

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Rückblick: Marschleistungen. 
Was von den Truppen der 8. Armee damals an Märschen und 
Entbehrungen ertragen worden ist, muß höchste Bewunderung 
erregen. Die Russen schieben die Schuld für ihr Unterliegen teilweise 
aus eigene übergroße Märsche und ungenügende Verpflegung. Auf 
deutscher Seite aber waren die Anforderungen in dieser Hinsicht sicher 
nicht geringer, teilweise sogar größer gewesen als bei den Russen: 
Während die russischen Höchstleistungen beim XIII. Korps in 15 Tagen 
ohne Kampf 340 km, beim XV. in 14 Tagen mit Kampf bei Lahna/Orlau 
250 km betrugen, machte in nur 12 Tagen das deutsche XVII. A.K. 
310 km, das I. R.K. 230 km; in diese 12 Marschtage aber fiel bei den 
deutschen Korps die Schlacht von Gumbinnen und der Kampf von 
Lautern/Gr. Bössau. 
Diese Zahlenangaben sind nur nach den Bewegungen der großen 
Truppenkörper berechnet; geht man den einzelnen Teilen nach und 
nimmt alle Umwege (Entfaltung zum Gefecht, Märsche in die Unter- 
kunft und dann wieder zur Versammlung) hinzu, so ergeben sich weit 
höhere Zahlen. Im Tagebuch des Genm. Hahndorff heißt es: „Ab- 
gemessen, wieviel die 36. Jnf.Div. seit Gumbinnen bis zum 30. Aug. 
marschiert ist. Ich komme aus 411 km; respektable Leistung bei der Hitze, 
Staub, ohne Bagagen, ohne Verpflegung." Auch das deutsche XX. A.K., 
das vor der Schlacht weit nach Osten und dann wieder zurück nach 
Westen geführt werden mußte, hat Außerordentliches an Märfchen ge- 
leistet. Trotzdem haben Teile von ihm unter ©It. v. Schmettern, die am 
23., 26., 27. und 28. Aug. im Gefecht gestanden hatten, am 29. nach 
einem letzten Gewaltmarsch von 60 'km als e r st e Willenberg erreicht. 
Unter Entbehrungen dürften die deutschen Truppen nicht minder 
gelitten haben als die Russen. Das gilt vor allem von den Truppen des 
XVII. A.K. und der 41.Inf.Div., die Tage hindurch kein Brot erhielten 
und sich von halbreifen Kartoffeln nährten, die sie selbst aus der Erde 
scharrten, — und auch von den Landwehr- und Festungstruppen, die 
ohne Feldküchen waren. 
' Die deutsche Infanterie hat überall, besonders 
aber beim ersten Einsatz, mit dem ihr innewohnen- 
d e n U n g e st ü m a n g e g r i f f e n und dem Gegner allein schon durch 
die Schnelligkeit und Unaufhaltfamkeit ihrer Vorwärtsbewegung Staunen 
und Schrecken eingeflößt. Gewiß hat solches Vorstürmen, ohne die 
Artilleriewirkung abzuwarten, oft schwere Verluste gekostet. Es entsprach 
auch keineswegs der Friedensausbildung und geschah meist gegen den
	        
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