Essenholer. Unterkunft, Wetter.
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derte, ja an einigen Stellen tausende von Metern weit durch endlose, enge
Zugangsgräben. Auch Post, Brot und Liebesgaben wurden dabei gleich-
zeitig den Kampftruppen zugeführt. Fast stets kam das Essen kalt nach
vorn, Gelegenheit zum Aufwärmen war damals noch gar nicht oder
spärlich vorhanden. Als um so notwendiger erwies sich die Zugabe von
Schnaps, ohne den sich die Truppe wohl kaum so leistungsfähig erhalten
hätte. Oft hungerte die Mannschaft lieber, als sich unter unsäglichen
Strapazen das karge Essen zu holen, und es bedurfte häufig des Ein-
greifens der Vorgesetzten, um die Verpflegung sicherzustellen. Ebenso
schwierig war die Zuführung von Munition und Material von den End-
punkten der Bahn zu den Kampfstellungen; keuchend und schweißtriefend
wanden sich die Trägerkolonnen bei stockfinsterer Nacht mit ihren schweren
Lasten durch die verschlammten, engen Gräben.
Das Fehlen jeglicher festen Unterkunft im Walde für die Reserven
und Bereitschaften war wohl im Sommer oder bei gutem Wetter er-
träglich, aber nicht mehr im Winter. Deshalb wurden überall Unter-
stände und Stollen gebaut. Mit geringen Ausnahmen lebte das
gesamte Argonnenkorps unter der Erde. Wer nicht schanzte, Lasten
schleppte oder Posten stand, hauste wie Maulwurf und Murmeltier im
Schöße der Erde, wochen-, monate-, jahrelang.
In der letzten Septemberhälfte und im Oktober herrfchte noch über-
wiegend trockenes, warmes Wetter. Es waren beglückende Tage von
eigenartigem Zauber. Prachtvolle Spätherbsttage, an denen sich der
feidig blaue Himmel leuchtend über dem sich leise färbenden Wald aus-
spannte, folgten. Am 12. Oktober reifte es zum ersten Male, die Nächte
wurden empfindlich kalt. Der Wald färbte sich intensiver und prangte in
Rot und Gold, bis er anfing, sich zu entblättern und kahl und kahler zu
werden. Novemberstürme rissen die letzten Blätter von den Bäumen, die
im Nebel erschauerten. Um die Mitte des November aber setzte Regen
ein, der nur am 24. und 25. November, vom 24. bis 26. Dezember und
vom 22. bis 24. Januar durch Kälte und zeitweisen Schneefall unter-
brachen wurde. Im übrigen Regen und Sturm, Sturm und Regen. Es
rieselte und plätscherte, goß und strömte die ganzen Spätherbst- und
Winterwochen im Argonnerwalde, was hier bei der Vodenbejchaffenheit
und dem undurchlässigen Lehm katastrophale Folgen zeitigte. Wochen-
lang waren trotz aller vorsorglich getroffenen Gegenmaßnahmen alle
Wege nur. ein unergründlicher Morast, die Gräben Schlammbäche.
Unterstände und Stollen erfoffen, die Grabenwände rutfchten zufammen,
die Arbeit vieler Wochen wurde vernichtet. Mit Schaufeln und Schöpf-