Volltext: Loretto [17] (Band 17/1927)

MUß ihm abgeschlagen werden, das Bein wird notdürftig verbunden, dann 
bettet man ihn behutsam in einem Granattrichter. Noch kurze Zeit jammert er 
und erzählt von seiner guten Mutter, dann stirbt auch dieser junge Held. — 
Einem braven Schlesier wird das Geschieße allmählich zu bunt. Er wird un* 
ruhig, nimmt sein Gewehr und fängt an es zu reinigen! Dies wirkt be¬ 
ruhigend auf alle. Die Stimmung der Truppe wird, je mehr es dem Abend 
zugeht, besser. 
Um 8.30 Uhr abends verlegt der Gegner plötzlich das Artilleriefeuer nach 
rückwärts in Gegend Souchez. In demselben Augenblick hört man das Halli-Hallo 
Rufen der Franzosen, die in dichten Massen die Stellung des II./I.R. 23 am 
Scheitelpunkt zwischen 7. und 5./I.R. 23 angreifen. Die 7. Kompagnie, deren 
Mannschaft zum größten Teil verschüttet oder tot, wird überrannt. Die 5. Kom- 
pagnie versucht der Gegner vom linken Flügel an aufzurollen. Schon dringen die 
Feinde vom Rücken und von der Seite gegen die Mitte der 5. Kompagnie vor. 
Offizierstellvertreter Iwan reißt seine Trillerpfeife an den Mund und alarmiert 
die in den Granattrichtern sitzenden Mannschaften seines 3. Zuges der 5. Kom- 
pagnie. Er stürzt mit diesen Leuten nach der Mitte der Kompagnie, um hier Leut- 
nant F ü r st n e r bei der Abwehr des Angriffs zu unterstützen. Unteroffizier W i - 
b r a n e tz , Gefreiter M o r a w i e tz und Tambour I e n c z m i o n k a, die sich als 
erste dem Feind entgegenwerfen, brechen tot zusammen. Leutnant F ü r st n e r 
stürmt mit dem 2. Zug und Teilen des 3. Zuges -mit gefälltem Gewehr den im 
Rücken vorbrechenden Franzosen entgegen und jagt sie mit Hurra in die Stellung 
der 7. Kompagnie zurück. Währenddessen haben Offizierstellvertreter Iwan und 
Unteroffizier Neumann mit den Resten der Kompagnie den eingedrungenen 
Gegner bis zum Scheitelpunkt der Stellung zurückgedrängt. Offizierstellvertreter 
S i k o r r a, der Führer des 1. Zuges, wird verwundet. Schwere Verluste 
werden dem Bataillon durch ein jetzt in der Stellung der 7. Kompagnie in 
Tätigkeit tretendes, französisches Maschinengewehr zugefügt. 
Der groß angelegte, französische Angriff war in der Hauptsache zum 
Scheitern gebracht, nicht zuletzt dank dem vorzüglichen Zusammenwirken der 
Artillerie mit der Infanterie. 
Endlich um 11 Uhr abends ein leises Klappern, — III./I.R. 23 naht zur Ab¬ 
lösung. Der in der Nacht unternommene Gegenangriff entreißt dem Gegner 
wieder den größten Teil der eroberten Stellung. 
Als die Reste des II./I.R. 23, eine kleine Schar, schwarz vom Pulverdampf, 
am frühen Morgen im Ruhequartier Lens eingerückt, geht die Sonne strahlend 
auf und grüßt die Überlebenden von der Heimat her. Mit letzter Kraft singen 
die Kompagnien den toten Kameraden zur Ehre „Ich hatt' einen Kameraden, 
einen besseren find'st du nicht!". — 
Die Hauptangriffe der Franzosen hatten ihr Ende erreicht, jedoch fanden 
auch in der folgenden Zeit noch schwere und hartnäckige Grabenkämpfe statt. 
So griff am 11. Juli 3 Uhr morgens das I.R. 63, welches das I.R. 23 
abgelöst hatte, die feindliche Einbruchstelle östlich der Zuckerfabrik nach starker 
Artillerievorbereitung an, konnte dem Feind einen Teil der Stellung entreißen, 
den Rest aber hielten die Franzosen mit großer Zähigkeit.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.