Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

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Nacht mehr, und ihre Erwartung wurde zur fiebernden Ungeduld. Der 
Tod und das Grauen kamen ihnen nicht schnell genug herbei, und wenn 
sie noch lange säumten, so mußten die weißen Kleidchen der Kleinen 
abermals gewaschen und gebügelt werden . . . 
Dies ist das Gebet, das irgendeiner aus diesen Tagen aufgezeichnet, 
das Gebet, das die Mütter abends ihren Kindern vorsprachen, die es 
nachplappern mußten, halb angstvoll, halb neugierig dem nahen Ge- 
polter des abendlichen Artilleriefeuers lauschend: 
„Heilige Jungfrau von Loretto, breite Deine Gnade über uns. 
Mache dem Töten und Morden ein Ende. 
Gib uns den Sieg, rette Frankreich und vernichte alle unsere Feinde. 
Reinige den Boden des Vaterlandes von der Gewalt der Barbaren 
und gieße Deinen ganzen Zorn über sie aus. 
Zerbrich ihre Waffen, Notre Dame de Lorette, und gib uns den 
Sieg, daß wir Dich loben und Dir danken in alle Ewigkeit. 
Rette Frankreich und gib uns den Sieg — das bitten wir Dich, 
Notre Dame de Lorette, mit ganzer Inbrunst, das bitten wir Dich . . 
☆ 
Noch lange war die Lorettofchlacht nicht zu Ende. 
Die neu herangeführten Regimenter der schleichen 117. Infanterie- 
division versuchten, eine Stellung auszubauen. Sie kannten die Orte 
des Grauens nicht, die vor ihnen lagen und in denen die Franzosen 
sich jetzt aufhielten. Aber der fürchterliche Leichengeruch, der verpestend 
herüberkroch, ließ sie die üppige Ernte des Todes ahnen. Bald war der 
ruhelose Geselle mitten unter ihnen. Es ging ihnen nicht besser als 
den Badenern. 
Angriff und Gegenangriff lösten einander ab. Immer wieder 
rannten die Franzosen gegen den Rest von Ablain an, immer aufs 
neue setzten sie sich den Osthang der Lorettohöhe zum Ziel. Am sieben- 
zehnten Mai, 4 Uhr morgens, zertrümmerten die französischen Granaten 
den Verbandplatz in Souchez, eine halbe Stunde später flog das voll- 
gepackte Pionierdepot mit gewaltigen Detonationen in die Luft, fämt- 
lichen im Dorfe untergebrachten Reserven schwere Verluste beibringend. 
Grausig sah das Trümmerfeld aus. Abermals mußten die dezimierten 
Regimenter der 28. badischen Division heran, um die Schlesier zu ent- 
lasten, denen in wenigen Tagen schon das Mark aus den Knochen ge- 
sogen. Unvermindert tobte die Angriffsschlacht auf ihrer ganzen Breite. 
Loretto. 11