Volltext: Loretto [17] (Band 17/1927)

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Augenblick ist günstig. Niemals war die französische Armee stärker und 
von einem mutigeren Geiste beseelt. Nach heftigsten Angriffen in den 
ersten Kriegsmonaten ist der Feind im Osten wie im Westen allein auf 
feine Verteidigung bedacht, während die neutralen Staaten nur darauf 
warten, daß unser Erfolg ihnen das Signal zum Losschlagen gibt. Wir 
sind viermal so stark wie der Gegner vor uns und verfügen über eine 
Artillerie, so furchtbar, wie noch keine auf einem Schlachtfeld erschienen 
ist. Es handelt fich darum, den Feind zu besiegen. Nichts ist erreicht, 
wenn der Feind nicht völlig geschlagen ist . . ." 
☆ 
Die deutschen Truppen der 6. Armee lagen ohne Ausnahme bereits 
seit Monaten in diesem ruhelosen Abschnitt, verzehrt in täglichen 
Kämpfen und beeinflußt von dem dumpfen Vorgefühl eines großen 
feindlichen Angriffs und dem Bewußtsein ihrer zahlenmäßigen Unter- 
legenheit. Doppelt empfindlich der Mangel an Artillerie, besonders an 
schwerer. Damals schon das tragische Bild der späteren Kriegsjahre: 
was der Gegner in rasender Verschwendung an Material einsetzte, mußte 
auf deutscher Seite mit Blut aufgewogen werden, mit nichts als Blut. 
Keineswegs, >daß die Moral der Truppen zu wünschen übrig ließ, aber 
dennoch bestand schon ein Zustand innerer Auszehrung, der im Falle 
einer langanhaltenden feindlichen Offensive zur Auswirkung gelangen 
mußte. 
Auf der anderen Seite bot die Vertrautheit mit dem Gelände und 
die stete Gewöhnung an feindliche Angriffe gewisse psychologische Vor- 
teile. Mit einem Wort: der Verteidigungsapparat war in vorzüglicher 
Verfassung, er war nur mit zu schwachen Mitteln ausgerüstet. Waren 
die französischen Regimenter fünf Tage in Stellung und zehn Tage in 
Ruhe, so kamen die deutschen Regimenter eigentlich überhaupt nicht 
aus der Stellung heraus und versuchten den dringendsten Bedarf an 
Ruhe durch Ablösung innerhalb der Bataillone zu beschaffen. Jeder- 
mann aber weiß, wie wenig ruhevoll der ständige Aufenthalt in den 
Bereitschaftsräumen in einer mit Spannung geladenen Frontatmosphäre 
ist. Im Bereich des Artilleriefeuers, fast jede Nacht mindestens einmal 
alarmiert, ständig bereit, im Gegenstoß wiederzunehmen, was vorn ver- 
loren, ja, oft genug noch als Hilfstruppe in den Nachbarabschnitten ein- 
gesetzt, niemals entzogen dem grauenvollen Zirkel der bodenständigen
	        
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