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Vormarsch begann. Südlich Brügge und östlich Thourout stand das
XXII. Reservekorps auf dem rechten Flügel der 4.Armee. Nach
links schloß das XXIII. Reservekorps an, das seinen linken Flügel bis an
den Westrand von Thielt dehnte. Ihm benachbart marschierte das
XXVI. Reservekorps geradenwegs auf Roulers und Iseghem zu,
während auf dem linken Armeeflügel das XXVII. Reservekorps den
Abschnitt östlich und nördlich von Courtrai als nächstes Vormarschziel vor
seiner Front hatte.
Das auf der Verfolgung der Belgier begriffene III. Reservekorps
hatte vor der Front dieser neuen Armeekorps am 15.Oktober unter
ständigem Geplänkel mit belgischen Nachhuten die Linie Ostende—Roulers
erreicht. Agentennachrichten sprschen von einer starken Besetzung Ost-
endes, das die Belgier anscheinend verteidigen wollten. Gleichzeitig liefen
von der Heereskavallerie im Räume südwestlich Bpern Meldungen von
starken feindlichen Ansammlungen ein, die ständig von St. Omer, Haze-
brouck und Dünkirchen aus vermehrt wurden. Auf dem Meere bei Ost-
ende erschienen drei englische Kreuzer. General von Beseler plante
für den 15. Oktober eine starke Beschießung Ostendes durch schwere
Artillerie und einen Vorstoß der 6. Reservedivision auf Thourout. Beide
Unternehmungen mußten abgesagt werden, als am Mittag der Befehl
eintraf, das Korps Beseler sei der neuen 4.Armee unterstellt und
habe bis zu weiter ergehenden Befehlen des Armeeoberkommandos die
erreichte Linie nicht zu überschreiten.
Noch am Nachmittage des 15. Oktober berichteten flüchtende Ein-
wohner, die Belgier hätten Ostende in südwestlicher Richtung verlassen.
Vorgeschobene Patrouillen bestätigten die Nachricht, die Stadt wurde
kampflos befetzt. Die Fühlung mit dem abziehenden Gegner ging ver-
loren. Vor Thourout gerieten einige Teile der 6. Reservedivision in ein
lebhaftes Gefecht mit belgischen Panzerautomobilen. Nach kurzer Zeit
verschwand aber auch hier der Feind. General vonBeseler war sehr
wenig erfreut, daß ihm der Befehl zum Anhalten die Berührung mit
dem weichenden Gegner raubte und drängte die neue vorgesetzte Stelle
zu raschen Entschlüssen.
Am frühen Morgen des 16. Oktober war der Befehl des Herzogs
Albrecht von Württemberg da. Er bewies, daß die deutsche
Führung noch keinerlei Kenntnis von den umfassenden feindlichen An-
griffsvorbereitungen hatte. Beide Gegner, Herzog Albreckt von
Württemberg und General French, tasteten noch völlig im
Dunkeln und handelten beiderseits im Glauben, einen nicht allzu starken