155
in unerträglicher Langsamkeit. Wenn der Flackerschein verglommen, ging
es weiter durch das Gewirr der Gräben und Wasserläufe bis nach vorn,
wo das Gekläff der Gewehre die Anwesenheit der vordersten Truppen
verriet.
Immer wieder setzte der Feind zu nächtlichen Jnfanterieangrifsen
an. Der rasselnde Schleier der Granaten kündigte ihn jedesmal an. Im
Schein der tanzenden Leuchtkugeln erkannten die eingeschanzten Reser-
visten undeutlich die heranquellenden feindlichen Reihen. Heraus aus den
Läufen, was an Patronen noch da ist! Die Dunkelheit verschlang alles.
Neu aufglühende Leuchtkugeln verrieten im Vorfeld hier und da einen
reglosen dunklen Punkt. Die Gefallenen. Der Rest war geflohen. Wenn
nur dies entsetzliche Artilleriefeuer nicht wäre, gegen das es kein Wehren
gab! Eingraben war unmöglich wegen des Grundwassers. Ein paar
kümmerliche Löcher, das war alles. Eine furchtbare Nacht . . .
Gleichwohl brachte die 6. Referve-Divifion noch in der Nacht weitere
zwei Bataillone über das Wasser und zog ihre Feldartillerie bis dicht an
den Ostrand des Kanals.
Vor der 4. Ersatz-Division an der Küste und bei der 5. Reserve-
Division zwischen Mannekensvere und Schoore hatte der Tag trotz
schwerster Kämpfe keine Veränderungen gebracht. Auch die 44.Reserve-
Division links von der 6. hatte keinen Erfolg. Die famose 6. Reserve-
Division blieb an diesem Tage die erste und einzige, die den Kanal
bezwungen. . .
In der Nacht kam General von B e f e l e r zu der Überzeugung,
daß der Versuch, mit der 4.Ersatz-Division im Küstenabschnitt die Aser
zu erreichen und zu überschreiten, ein aussichtsloses Beginnen sei. Die
feindlichen Seestreitkräfte verstärkten sich von Tag zu Tag und machten
fast schon den Aufenthalt in den flachen Dünen zur Unmöglichkeit. Aus
Brügge schleunigst angeforderte 15-om-Kanonenbatterien zur Bekamp-
fung der Schiffe trafen erst im Laufe des 23. Oktober in Ostends ein und
konnten am 24. den ersten Schuß abfeuern. Ihre Wirkung war gut, aber
im Vergleich zu den vom Gegner herangezogenen Kräften viel zu gering.
Es gab momentane Erleichterungen, aber nicht so viel Entlastung, daß
der geplante Angriff auf Westende und Bad Nieuport erfolgversprechend
hätte begonnen werden können.
B e s e l e r s Plan war, die 4.Ersatz-Division noch in der Nacht hinter
bie 5. Reserve-Division zu ziehen und an der Küste nur schwache Siche¬