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imbiß genommen, die billige Rechnung beglichen, und von dem Wirthe
mich verabschiedet hatte, schritt ich zum Markte hinaus, der Kastanien—
Allee zu, die sich im prachtvollen Blüthenschmucke zeigte; unter dem
spitzbogigen Gewölbe dieses Naturdomes wandelnd, sog ich in gierigen
Zügen die vom lieblichen Blüthendufte geschwängerte Morgenluft ein;
ein eminenter Genuß für Leib und Gemüthl!
Des lieblichen, zu einem harmlosen Stillleben ganz geschaffenen,
Maria-Brünnl ansichtig geworden, konnte ich nicht umhin, das von
F. M. am 1. Juli 1856 auf dieses Kirchlein und dessen getreuen
pfleger verfaßte Gedicht zu rezitiren, und das ich Dir hiemit mittheile.
„Zur Feier der Genesung, und des 5. Jahrtages der Sekundiz
des Hochwürdigen, Vielverehrten Herrn Kas par Kaltenegger, wirk—
lichen Konsistorialrathes und Benefiziaten in Maria⸗Brünnl, von einem
seiner Freunde in treuer Liebe geweiht. —
Maria mit dem geueigten Haupte.
Sieh das Kirchlein dort im Grünen In des Lebens Buch geschrieben
Freundlich leuchten in das Thal! Ist's bei Gott, was Er gethan
Kannst so herzlich bethen drinnen Mehr zu sagen, würd' betrüben,
Zu Maria allzumal; Den bescheid'nen alten Mann.
Durch sie fließt der Gnaden Quelle
Erdenpilgern reichlich zu,
Wie das Brünnlein rein und helle
Immer fließet sonder Ruh!
Für Ihn fleht' ich einst im Stillen,
Dorten vor dem holden Bild:
„Möchten fünfzig Jahr' sich füllen
Seines Priesterthums!“ — Mild
Scheint Maria sich zu neigen,
Mit den Augen winkt sie mir,
Um mir gnädig anzuzeigen:
„Was Du fleh'st, geschehe Dir!“ —
Wenn da fromme Waller bethen,
Und ihr schönes Bildnis schauen,
Sei es auch in schweren Nöthen
Sichtlich wachset ihr Vertrauen;
Denn die Hehre s cheint zu nicken,
Mit dem Haupte neigt sie sich —
Mutterlieb in ihren Blicken
Winkt sie: „Ich erhöre Dich!“ —
Bei diesem Kirchlein dient seit Jahren
Gott dem Herrn ein edler Greis;
Dessen Liebe hat erfahren
Jeder, der Ihn kennt und weiß.
Und zum Jubelfest dem frommen,
Nach der Jüngerzahl des Herrn
Zwei und siebzig Priester kommen
Frendig her von Nah und Fern.
Und die Thräne stiller Freuden
Netzt des Greises Angesicht —
Seine Demuth sagt bescheiden:
„So viel' Lieb' verdien' ich nicht.“