Volltext: Der josefinische Klostersturm im Land ob der Enns

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alte Rechtsgewohnheiten, durch welche das Verhältnis zum Regenten geregelt war. Die 
Verwaltung der Kronländer lag bei den Ständen; es gab vier: den geistlichen (Prälaten-) 
Stand, den Herren-, den Ritterstand und die landesfürstlichen Städte, d. i. solche, die 
unter keine Herrschaftsobrigkeit gestellt waren. Die Stände versammelten sich einmal 
im Jahr zum Landtag, an dessen Spitze der Landeshauptmann stand. Vom Landtag 
verlangte die kaiserliche Regierung durch einen Hofkommissär jährlich die direkten Landes- 
abgaben. Die Stände „bewilligten“ sie; anderseits brachten die Stände ihre gravamina 
und desideria zur Kenntnis des Hofkommissärs. Nach der Behandlung dieser und 
anderer wichtiger Angelegenheiten verließen die meisten Mitglieder den Landtag, 
nachdem sie für die minder wichtigen Geschäfte einen Ausschuß ernannt hatten, meist aus 
jedem der vier Stände. Dieser Ausschuß bildete im Land ob der Enns das „Kollegium 
der ständischen Verordneten“; neben diesem entstand noch ein „Rait-Kollegium“ zur 
Prüfung der Rechnungen und ein besonderer „ständischer Ausschuß“ für bestimmte 
Angelegenheiten. 
Die ständische Repräsentanz besorgte die Ausschreibung der von den Ständen 
bewilligten Steuern, die Erhaltung und Bequartierung des Militärs, mit einem Wort die 
meisten Verwaltungsagenden. In den einzelnen Kreisen des Landes waren Viertel- 
kommissäre oder „Hauptleute“ aufgestellt. 
Aber nicht bloß die politische Verwaltung, auch die Gerichtsbarkeit stand beim 
Landeshauptmann und den Landräten als höchster Instanz im Land („Landrechte“). 
Um sich zur Erhaltung eines beträchtlichen ständigen Heeres Geldmittel zu 
sichern und von den jährlichen Bewilligungen seitens der Stände unabhängig zu werden, 
schloß Maria Theresia mit den einzelnen Kronländern Dezennalrezesse, in denen die 
Stände die Abgaben auf zehn Jahre im voraus bewilligten, wofür sie in Hinkunft mit 
dem Militär nicht mehr das geringste zu tun haben sollten. Alle Besorgung des Heer- 
wesens übernahm das höchste Ärar. Im Zusammenhang mit dieser Neuordnung der 
Kontributionen wurde die Anlage eines Katasters eingeleitet und bei dieser Gelegenheit 
auch die Steuerfreiheit des Adels und der Geistlichkeit aufgehoben, allerdings mit 
Zugeständnis mancher Begünstigungen. Vom Land ob der Enns wurden jährlich 1,004.484 fl. 
22 kr. 1 d postuliert, in welche Forderung die Stände nach einigen Verhandlungen 
willigten. Alle anderen Leistungen zum Militär oder Kamerale sollten entfallen, auch 
Reisegeld, Hochzeitsgeschenk, Wiegenangebinde unter keinem Vorwand zugemutet werden 
(vgl. S. 2). Nur das „Obdach“ war den Soldaten zu geben, so lange bis Kasernen 
hergerichtet sein würden. 
Das Patent hierüber an die Stände erging unter dem 9. Oktober 1748. 
Der Dezennalrezeß zog auch gewaltige Verfassungsänderungen nach sich. Mit 
Reskript vom 26. Oktober 1748 wurde eine k. k. Hofdeputation in militari mixto 
contributionali et camerali eingesetzt, an deren Spitze Graf Franz Reinhold von 
Andlern und Witten gestellt, ein Ausländer. Unter dem 1. Januar 1749 wurden die 
Landräte auf die Justizpflege beschränkt; die Trennung der Justiz von der Administration 
war ein leitendes Prinzip. Mit Resolution vom 10. Mai 1749 wurde die Hofdeputation 
in eine königliche Repräsentation und Kammer umgewandelt; ihr war die gesamte 
politische Verwaltung übertragen, Polizei, städtische Administration, Gewerbewesen, 
Post, höhere Unterrichtsanstalten, Bestätigung der Bischofs- und Prälatenwahlen etc. 
Durch Reskript vom 23. März 1754 wurde die Verfassung teilweise wieder hergestellt; 
die Landeshauptmannschaft trat wieder in Wirksamkeit, an sie gediehen auch die 
Landrechte. Graf Andlern wurde Landeshauptmann. Die Repräsentation und Kammer 
aber blieb dabei noch fortbestehen; erst mit ihrer Aufhebung 22. Juni 1765 traten 
wieder die Stände in ihre Amtsbefugnisse, wenigstens zum größten Teil. An Stelle des 
ständischen „Rait-Kollegiums“ wurde eine „Buchhalterei“ eingesetzt. Das Verordneten- 
Kollegium wurde beibehalten.
	        
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