Volltext: Der josefinische Klostersturm im Land ob der Enns

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daß das Vermögen von solcher Art niemals als ein staatliches, sondern immer 
als ein Privatvermögen angesehen worden, weil den Regelschwestern die facultas 
acquirendi et libere disponendi durch keine weltlichen oder geistlichen Gesetze 
genommen worden ist, sonst müßte man auch von den in den dritten Orden 
aufgenommenen Bauern und Bürgern das Vermögen beanspruchen. Dann enthält auch 
die Resolution vom 23. September keineswegs, daß dieKapitalien des dritten Ordens 
oder der Ordensmitglieder, sondern der aufgehobenen Bruderschaften des dritten 
Ordens zum Religionsfond einzuziehen sind. Es hängt also von der Bestimmung 
des allerhöchsten Ausdruckes ab, ob der Kaiser nur die Bruderschaften des 
dritten Ordens gemeint habe oder den ganzen dritten Orden selbst als eine 
Bruderschaft angesehen wissen wolle. Im letzteren Fall müßte alles Vermögen 
zum Religionsfond gezogen werden; aber wie sollten dann die auf diese Weise 
von allen Mitteln entblößten dritten Ordensmitglieder leben? 
Die Erledigung dd. Wien 23. Februar 1783 lautete: Das Vermögen, 
welches unmittelbar diesen oder jenen Mitgliedern des dritten Ordens als ein 
Privateigentum gehört, ist in den Religionsfond nicht einzuziehen, sondern 
durch das unter dem 23. September 1782 erlassene Generale sind nur jene 
Kapitalien, welch eben Bruderschaften des dritten Ordens gehören, dem Religions- 
fond zugeteilt worden. 
Infolgedessen übermacht die Landesstelle der Buchhalterei sämtliche 
Aufhebungsberichte von den Kreisämtern, damit sie überall feststelle, was für den 
Religionsfond einzuziehen oder als ein Eigentum der Tertiären diesen zu 
überlassen sei (Linz 10. März 1783). 
Das Haus der Schwestern in Schlierbach wurde am 27. März 1784 
verkauft um 160 fl., das Stammkapital per 1000 fl. wurde zum Religions- 
fond eingezogen, 1400 fl. als Industrialfrüchte den Mitgliedern ausgezahlt. 
Sämtliche Obligationen des aufgehobenen dritten Ordens im Land ob 
der Enns betrugen 4613 fl. 
Seit langem schon bestand ein „Schwesternhaus“ in Grein. Mit diesem hatte 
die Regierung die längste Arbeit. Im Jahr 1731 war eine gewisse Katharina Hofwimmerin 
von Perg nach Grein gekommen und hatte dort mit 350 fl. ein Haus gekauft. Mehrere 
andere Frauenspersonen gesellten sich ihr zu in gemeinsamem Leben und brachten in den 
Haushalt ihr Vermögen ein, so daß sie bald ein neues Haus sich kauften. Die vermöglichste 
unter ihnen, Theresia Kollerin, hatte 1737 testamentarisch vorgesehen, daß, wenn 
diese Gesellschaft ein Ende nehmen würde, die von ihr zum Schwesterninstitut vermachten 
1500 fl. dem dritten Orden des heiligen Franziskus anheimfallen sollten. Sie starb 1739. 
Mit Kassierung seitens des Kardinals Lamberg dd. 22. Oktober 1754 und mit 
Dekret der Repräsentation und Kammer dd. 19. November 1754 wurde dieses Schwestern- 
institut aufgehoben. Es war nichts mehr vorhanden als das Haus und 1000 fl. von der 
Theresia Kollerin. Die Liquidierung des Vermögens wurde dem Pfleger in Greinburg 
aufgetragen. Die Schwestern widersetzten sich jeder gerichtlichen Einberufung und 
Dokumentenabforderung auf das hartnäckigste; sie wurden mit Arrest, Schub bedroht, waren 
aber nicht aus dem Haus zu bringen. Die Liquidation ergab, daß dem dritten Orden 
nur noch die Obligation mit 1000 fl. zufalle. Das Schwesternhaus war inzwischen so 
sehr im Wert gefallen, daß sich kein Käufer fand und schließlich die Stadt Grein es um 
150 fl. als Schulhaus nahm (1784).
	        
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